Denn Tiere sind keine Maschinen

Das große Leid der enthornten Rinder

von Admin, am 07.10.2022.

In Zahlen von 2020 ist man davon ausgegangen, dass rund 80 % der europäischen Milchkühe keine Hörner mehr haben. Allein in Deutschland werden jährlich fast 1,5 Millionen Rinder enthornt. Das ist zum einen sehr grausam, weil die Hörner für diese Tiere fast schon Gliedmassen darstellen und als Alltagshilfe multifunktional sind. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation, bei Auseinandersetzungen um die soziale Rangordnung und beim spielerischen Umgang miteinander auf der Weide.

Darüber hinaus ersetzen sie auch die Kuhputzmaschine, wenn diese gerade mal nicht in Reichweite ist, denn mit ihnen kommt man selbst an die entlegenste juckende Stelle am Körper. Auch als Tischbesteck oder Heuhaufenzerteilungshilfe werden sie gerne benutzt, und das mit außerordentlicher Geschicklichkeit. Außerdem fühlen Rinder mit ihren Hörnern, da diese mit Nervenbahnen durchzogen sind. Durch diese Bahnen dienen sie den Arten in wärmeren Gebieten sogar als praktische Klimaanlage, über die Körperwärme abgegeben werden kann.

Unglaublicherweise helfen sie Rindern sogar bei der Verdauung, da ihre Nasennebenhöhlen bis weit in das Horn hineinreichen. So gehen Verdauungsgase nach jedem Rülpser beim Wiederkäuen bis in die Hornspitzen, wodurch die Schleimhäute der Nebenhöhlen wahrnehmen können, was gerade im Pansen abgeht. Die Kinder unter den Lesern können gerne versuchen, das als Ausrede zu benutzen, wenn es nach dem Essen mal wieder lauter wird.

Zum anderen ist aber auch der eigentliche Prozess des Enthornens mehr als grausam. An der Universität Bern haben Forscher entdeckt, dass 38 % der enthornten Versuchstiere selbst drei Monate nach dem Eingriff noch Schmerzen am Kopf verspürten und selbst bei leichten Berührungen Schmerzreaktionen zeigten. Die Studie wurde von der Schweizer Regierung in Auftrag gegeben, deshalb wurde sie auf drei Monate begrenzt. Was übersetzt nichts anderes heißt, dass niemand weiß, wie lange die Tiere unter dem Eingriff leiden. Tierschutzverbände haben unlängst gefordert, entsprechende Studien längerfristig anzulegen.

Dass die Tiere unerträgliche Qualen erdulden müssen, merkt man schon daran, wenn man sich die Methode der Enthornung anschaut. In der Regel wird dafür ein Folterinstrument namens Thermokauter benutzt, ein heißes Brenneisen, das auf bis zu 600 Grad erhitzt werden kann. Dann wird das Ding auf die Hornknospe der Kälber gedrückt und ungefähr 10 Sekunden gehalten, bis ein Ring um die Hornknospe herum ausgebrannt ist. Die ganze Behandlung passt also eher in einen neuen Teil der SAW-Horrorserie und es ist ungeheuerlich, dass Tieren so etwas legal angetan werden darf. Kälber dürfen bis zum Alter von sechs Lebenswochen ohne Betäubung enthornt werden. Nur Beruhigungs- und Schmerzmittel sind vorgeschrieben.

Natürlich werden auch immer mehr Rinder gezüchtet, die hornlos auf die Welt kommen. Dazu möchten wir einfach nur die Tierwissenschaftlerin Anet Spengler zitieren: „Das Wegzüchten ist ja noch schlimmer als einfach wegnehmen. Denn dann können Rinder überhaupt keine Hörner mehr ausbilden, obwohl wir nicht einmal genau wissen, für was alles sie sie ausbilden.“ Man kann sich wohl manchmal für manche skrupellosen Artgenossen nur noch schämen, die Anderen so etwas antun. Und sich stellvertretend bei unserem Tagesmodell Marieke zumindest entschuldigen.


Kategorie: Allgemein

Eine Antwort zu “Das große Leid der enthornten Rinder”

  1. Gabriele sagt:

    Ja, da hat Anet Spengler wirklich Recht, man kann sich einfach nur schämen, dass man ein Mensch ist. Entschuldigungen reichen bei diesen ganz katastrophalen Grausamkeiten nicht aus. Tiere und Natur würden aufatmen, wenn es die Spezies Mensch (mit einigen Ausnahmen) nicht mehr geben würde. Liebe Grüsse an mein Patenkind Marieke!

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