Denn Tiere sind keine Maschinen

Eine OP und ein Update zu unseren Sorgenfellchen

von Admin, am 02.04.2020.

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Vorgestern hat Hof Butenland zwei neue Bewohner in der Herde begrüßt, die 5jährige Tilda und ihr mittlerweile 6 Tage altes Bullenkalb, das wir Karlsson getauft haben. Heute stand gleich ein wichtiger Termin auf dem Plan, denn die Mutter leidet an einer Labmagenverdrehung. Dieser Krankheitsverlauf kann sehr schnell bei schwangeren Kühen auftreten. Der trächtige Uterus drückt den Pansen hoch, so dass der Labmagen nach links verrutschen kann. Nach der Geburt sinkt der Pansen ab und kann den Labmagen links festhalten. Das führt dann zu niedrigem Blutdruck und Gasansammlungen, die wiederum eine sich vergrößernde Gaskuppel hervorrufen. Diese drückt den Labmagen dann dorsal an der linken Bauchwand entlang. „Dorsal“ steht in der Fachsprache für „zur Rückseite des Körpers oder eines Körperteils bzw. eines Organs hin“, das Gegenteil ist „ventral“. Notiert euch das ruhig und erntet Bewunderung, wenn ihr es beim nächsten Familientreffen in den Small Talk einfliessen lasst.

Wieso eine Labmagenverdrehung nur bei manchen Müttern auftritt, ist noch nicht ganz geklärt, Mediziner gehen davon aus, dass mehrere Ursachen da zusammenkommen. Ein hoher Anteil von Kraftfutter im täglichen Essen kann ein Grund sein, da die dadurch aufgenommene größere Masse an flüchtigen Fettsäuren einen Blutunterdruck erzeugen kann. Auch zu nasses Futter oder ein geringer Anteil an effektiven Fasern, also Nahrung, die zum Beispiel ein längeres Wiederkäuen ermöglichen, kann einen Anteil an der Diagnose haben. Auch leicht gärende Futtermittel wie Bierhefe, Treber oder Trester können eine Ursache sein. Hierbei kommt es schnell zu Blähungen und dadurch zu einem Auftreiben des Labmagens. Das geht oft Hand in Hand mit einem Stillstand der Magen-Darm-Motorik. Natürlich spielt auch wie bei so vielen modernen Tierkrankheiten die Überzüchtung eine nicht unwesentliche Rolle.

Unsere neue Bewohnerin hat zwar Medikamente bekommen, bei denen die Hoffnung bestand, dass der Labmagen von selbst wieder in die richtige Position rutscht, aber leider haben sie nicht angeschlagen. Also musste heute unser Doktor ran und eine OP war unumgänglich. Hier zitieren wir einfach mal die endoskopische Methode nach Janowitz, denn die hat sich bei diesem Eingriff bewährt und wurde deshalb auch von unserem Tierarzt gewählt: „Am stehenden Tier wird zunächst von der linken Flanke aus endoskopisch der Labmagen punktiert und entgast, dann wird ein Knebel (Toggle) mit einem langen Faden in den Labmagen eingesetzt.“ Die Fäden an der linken Bauchwand können wir bereits nach 10 Tagen ziehen, nach circa 4 – 6 Wochen kann auch die Mullbinde am Unterbauch entfernt werden und der Labmagen ist dann an der richtigen Position mit der Bauchwand verwachsen.

Alles in allem war das Ganze also wieder ein interessanter Tag auf Hof Butenland. Unser neues Herdenmitglied hat den Eingriff prima überstanden, da der Krankheitsverlauf früh entdeckt wurde, ist ihre Prognose auch sehr gut. Und die Nachversorgung durch optimales Essen und ein waches Auge auf die Patientin ist auf Butenland ja sowieso selbstverständlich. Sie kann jetzt also in aller Ruhe (und völlig berechtigt!) ihrem Sohn vormuhen, wie tapfer sie war.

Am Ende des Videos seht ihr, wie Indira Karlsson Effydral spendiert. Das ist ein Brausetablette, die Elektrolyte, Kalium und andere wichtigen Nährstoffe liefert. Davon braucht unser Nesthäkchen eine Zusatzportion, da es Durchfall hat und so zusätzlich stabilisiert wird. Nicht im Video zu sehen ist, wie wir unseren Krankenstall umstrukturiert haben. Ganz links steht nun Marieke in ihrem Abteil, die sich auf dem Weg der Besserung befindet, öfter aufsteht und gut isst. In der Mitte folgt Lina, die mittlerweile wohl endgültig über dem Berg ist. Von ihr gab es eine sehr schöne Szene bei der OP, denn gleich nebenan wohnen Tilda und Karlsson. Als die Mutti behandelt wurde, legte sich der Kleine an den Zaun zu Lina, die ihn direkt abgeleckt hat. Alle anderen Rinder befinden sich im Campingmodus auf den Weiden, nur Lenchen und Lisbeth harren nachwievor bei Marieke aus und muhen ihrer neuen besten Freundin Beistand zu. Zusammengefasst kehrt gerade wieder die Sonne auf den Hof zurück, was nach den zwei schmerzhaften Abschieden von Trine und Mia aber auch dringend nötig war.


Kategorie: Allgemein

12 Antworten zu “Eine OP und ein Update zu unseren Sorgenfellchen”

  1. Rielle sagt:

    Wie schön, daß es allen besser geht! Ich bin sehr erleichtert.

  2. Martina sagt:

    Ich bin auch sehr froh,dass es allen besser geht !
    Da müssen meine Gebete für Lina doch angekommen sein.
    Karlsson & Tilda,was für wunderschöne Namen.

  3. Anne sagt:

    Danke, Jan, für’s ausführliche Erzählen von den neuen Mitbewohnern. Es tut so gut zu hören das es denen besser geht. Meinen Respekt den Tierärzten. Das muss ja alles gut gelernt und dann gekonnt sein.
    Und dann, Linas kümmern um den kleinen Karlsson … das rührt mich mal wieder zu Tränen. Aber es ist einfach schön! Da werde ich gerne zur Heulsuse.
    Habt’s gut, alle miteinander. In Gedanken bin ich viel bei euch auf Butenland.

  4. Ute sagt:

    Was fuer eine turbulente Zeit auf Butenland wir gerade miterleben. Danke, dass Ihr uns teilnehmen lasst!
    Und welchen Unterschied ein, zwei Tage machen koennen! In Linas Augen ist Leben eingezogen!

  5. Wo aus Wu sagt:

    Bei dieser Gelegenheit möchte ich anerkennen, dass neben der „normalen“ Hofarbeit, verschärft durch all diese zusätzlichen, nicht einplanbaren, äußerst personal- und zeitaufwändigen „Überraschungen“ durch Notfälle o.ä. dann auch noch die ganze Berichterstattung für die Fangemeinde getätigt wird. Das schafft man nur mit einer gehörigen Portion Idealismus!

  6. Marita sagt:

    Rinder sind wirklich außergewöhnliche Tiere. Nach so einem Eingriff in den Bauchraum läuft Tilda schon im Stall rum und schaut nach ihrem Bub. Auch Lina sieht viel besser aus. Ihre offenen Stellen sind gesäubert und behandelt. Marieke hat ihre Freundinnen bei sich und erholt sich ebenfalls. So eine vorgelebte Tierliebe versöhnt mich immer wieder und gibt mir die Gewissheit, dass eben doch nicht alle Menschen, auf Teufel komm raus, an den Profit denken. Es gibt sie doch noch, die Engel auf zwei Beinen. Dafür umarme ich Euch aus der Ferne, und bewundere Euch für Euer Tun.

  7. Claudia sagt:

    Danke für die schönen Neuigkeiten 🙂

  8. Ira sagt:

    Ich kann mich dem nur anschließen, ihr seid auch für mich Engel auf zwei Beinen und kann immer wieder nur sagen: Wie schön, dass es euch gibt!
    Freue mich über die erfreulichen Nachrichten.
    Bleibt alle gesund…..

  9. Antonia sagt:

    Das ist wunderbar, dass die neusten Bewohner alle auf dem Weg der Besserung sind. Besonders rührend finde ich auch, dass Jans Plan aufgegangen ist und Lina und Karlsson direkt die erste Gelegenheit zur Familienerweiterung genutzt haben. Der liebe kleine Knopf; um Haaresbreite hätte er heute schon keine Mutter mehr gehabt, – aber dank Euch hat er nun sogar zwei Mamas. 🙂

  10. Melanie sagt:

    Karlsson, war für ein toller Name, das passt wirklich wie die Faust aufs Auge 🙂
    Freue mich auf weitere Nachrichten von allen Genesenden.

  11. Andrea sagt:

    Was für schöne Nachrichten.
    Danke, dass ihr uns (immer so schnell) daran teilhaben lasst, wir freuen uns und leiden – wenn auch aus der Ferne – ja immer mit euch.

    Der Tod von Mia hat hier wohl alle sehr mitgenommen. Aber so sind Tilda und Karlsson gekommen und Lina, die sichtlich besser aussieht, durfte sich schon einen Moment um Karlsson kümmern.
    Das nenne ich Leben…. VIELEN DANK

    Ein großes Dankeschön auch an euren Hoftierarzt, der großartige Arbeit leistet.

  12. Gabriele R. sagt:

    Ohwei, der Eingriff sieht ja brutal aus. Ich hoffe, dass Tilda dabei keine Schmerzen hatte und, das sich ihr Gesundheitszustand bessert und stabilisiert. Hoffentlich ist auch der Durchfall bei Karlsson bald abgeheilt. Es sind wirklich turbulente Zeiten aber, Tilda, Karlsson und auch Lina sehen schon viel munterer und besser aus. Ihr habt wirklich einen tollen Tierarzt!!!

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