Denn Tiere sind keine Maschinen

Warum Butenland kein Streichelzoo ist

von Admin, am 16.07.2021.

Momentan stehen immer wieder unangekündigte Besucher vor dem Hoftor und fragen nach einer Führung. Teilweise sogar, ohne eine Patenschaft übernommen zu haben. Da auch hier und da nachgehakt wurde, warum wir keine täglichen Öffnungszeiten haben, nicht jeden spontanen Besucher empfangen und wieso wir das Ganze nicht mit veganer Verköstigung für uns finanziell interessant machen, veröffentlichen wir nochmal unseren Text zu diesem Thema. Denn selbst wenn wir für solche Aktionen die Zeit hätten, würden wir so etwas trotzdem nie in Betracht ziehen.

Es existieren mehrere Gründe, warum wir diese Form des Lebenshoftourismus mit Festen, Kuchen- und Burgerverköstigungen, die von den Gruppengrößen schon an einen Zoobesuch erinnert, ablehnen. Ganz am Anfang steht da unsere absolute Überzeugung, dass Tiere nicht dazu da sind, um auf regelmäßiger Basis zur Schau gestellt zu werden. Die tierischen Butenländer existieren nicht für uns, wir erwarten nicht mal Dankbarkeit von ihnen. Sie sollen hier einfach nur ihr selbstbestimmtes Leben führen, das ihnen viel zu lange vorenthalten wurde. Und das würde nach dem Willen der Tiere nie etwas mit Paraden, Vorführungen oder lustigen Kunststücken zu tun haben.

Momentan ruhen alle Führungen, weil noch immer eine Pandemie durch das Land rauscht, jetzt sogar mit einer ansteckenderen Delta-Variante, die auch geimpfte Menschen weitergeben können und so Risikogruppen gefährden. Da beobachten wir sowieso mit einiger Sorge, wie sich alle Länder mit Öffnungen und Fallenlassen von Regeln gegenseitig übertrumpfen. Auf Butenland sind noch nicht alle Mitarbeiter geimpft und auch danach werden wir nicht zulassen, dass wir hier regelmäßige Hot-Spots erzeugen. Deshalb werden wir erst wieder Besucher empfangen, wenn die Lage sicher ist. Unsere Führungen im Winter haben wir schon letzte Saison gecancelt, einfach weil wir unseren Tieren nicht zumuten wollen, dass sich Menschengruppen durch die belegten Ställe quetschen und so immer stören. Auch die Weiden werden im Sommer nicht für Menschenaufläufe geöffnet, und wenn wir demnächst wieder alle 14 Tage mit unserer kleinen Gruppe anrücken und ein Tier uns zeigt, dass es sich momentan keine Zeit für uns nehmen möchte, dann fällt jede nähere Visite aus. Überhaupt wird hier nur gestreichelt oder Kontakt aufgenommen, wenn die Tiere uns entsprechende Signale geben, was aber auch sehr häufig geschieht. Andere Signale müssen von uns sogar so gedeutet werden, dass eine gerade brunstige Kuh oder eine auf Krawall gebürstete Schweinediva nicht zur Gefahr wird. Es steht auch fest, dass die meisten Butenländer nur von Personen gestreichelt werden wollen, die sie kennen und wo dementsprechendes Vertrauen herrscht.

Hier leben sehr viele ältere Tiere, die meisten wurden krankgezüchtet und fast durch die Bank vom Menschen ausgebeutet. Diese Bewohner müssen erwarten können, dass es bei uns im absoluten Vordergrund steht, ihnen ein Leben in Ruhe und Würde, mit Respekt und Wertschätzung zu ermöglichen, das sich nur noch um sie und ihren eigenen Willen und Bedürfnisse dreht. Die Bewohner leben so frei wie möglich und Barrikaden werden sehr sinnvoll und sparsam gesetzt, damit sich alle auf dem Hof und den großen Weiden so selbstbestimmt wie es eben geht bewegen können. Auch das schliesst unübersichtliche Besucherströme inklusive Gruppenstaunen mit Unruhe und Lärm aus.

Man darf auch nie vergessen, dass es hier viele Familienmitglieder gibt, die wegen ihrer Vergangenheit gute Gründe haben, um ihren Menschenkontakt gar nicht oder lieber aus der Distanz zu geniessen. Und wer soll es ihnen verübeln? Da gibt es zum Beispiel Manuela, der in einem Labor der Bauchraum geöffnet wurde, um täglich in ihren Pansen zu greifen. Bei dieser Kuh liegt das Interesse an neuen menschlichen Freundschaften eher im unteren Bereich. Lily ist relativ neu auf dem Hof und so scheu, dass sie schon wegläuft, wenn wir lediglich ein Bild von ihr machen wollen. Eberhard und Winfried stammen ebenfalls aus einem Labor und sind dort 7 bzw. 11 Jahre lang durch verschiedene Hände und Versuchsreihen gegangen. Gerade Ebi ist sehr kontaktfreudig, aber das ist trotzdem für uns kein Grund, ihn mit täglichen Menschenmassen zu konfrontieren. Unser Wallach Cello musste über ein Jahrzehnt als internationales Turnierpferd durch Europa reisen, wurde gedopt, bis seine Lungen nicht mehr mitgemacht haben, und hat seine letzten Rennen nur absolvieren können, indem er mit Schmerzmitteln gespritzt wurde. Auch dieses Pferd braucht verständlicherweise kein Publikum mehr. Es gibt sogar Tiere wie Rosa Mariechen oder Chaya, die sehr aggressiv reagieren könnten, wenn man ihnen Kontakt aufzwingt und dabei falsch vorgeht. Diese Liste könnte beliebig verlängert werden.

Hof Butenland versteht sich als Ort, an dem die Tiere in Würde und Freiheit ihren Ruhestand verbringen können. Dafür benötigen sie Schutz, Sicherheit, Pflege und eine optimale, an ihre Bedürfnisse angepasste Nahrungsversorgung, aber vor allem auch jede Menge Selbstbestimmung und Platz zur Entfaltung auf den weiten Flächen. Und zur Selbstbestimmung gehört auch die Entscheidung, wo und vor allem mit wem man seine Zeit verbringen möchte. Wenn ein Rind sich nicht mehr auf den Kuhdamm trauen würde, weil es erst eine Schlange bedienen muss, die es streicheln möchte, oder auch einfach nur verunsichert von fremden Menschen wäre, dann hätte unsere Stiftung ihren Sinn verfehlt. Wir stellen einfach die Bedürfnisse der Bewohner in den absoluten Vordergrund, nicht die Wünsche von Menschen. Und diese Bedürfnisse beinhalten einfach jede Menge Kontakt mit Artgenossen, der auch aktiv gesucht wird, täglich die Freundesliste im menschlichen Bereich zu vergrößern war dagegen noch nie ein Antrieb unserer Herdenmitglieder.

Wir versuchen natürlich, so transparent wie möglich zu arbeiten. Deshalb gibt es die täglichen Updates per Foto und Video, und aus diesem Grund berichten wir auch immer höchstens stundenverzögert über Abschiede von Hofbewohnern und anderen traurigen Ereignissen. Außerdem bemühen wir uns, auf Fragen einzugehen, da wir verstehen können, dass vielen Menschen das Wohl unserer Bewohner am Herzen liegt, über dieses Interesse und daraus resultierende Tipps sind wir sogar stellenweise sehr froh. Dennoch wird es nach der Pandemie (wenn überhaupt) bei den zwei monatlichen Terminen ausschließlich für unsere Paten bleiben und wir werden diese auch weiterhin in der Gruppengröße klein halten. Wir stellen hier nunmal keine Tiere aus, sondern wollen ihnen ein möglichst perfektes und sorgenfreies Leben bieten. Und das schliesst für uns regelmäßige Besucherströme inklusive garantiertem Streichelkontakt mit dem persönlichen Lieblingstier definitiv aus.


Kategorie: Allgemein

10 Antworten zu “Warum Butenland kein Streichelzoo ist”

  1. Kerstin sagt:

    Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass das in diesem Text Gesagte doch ohnehin weit überwiegender Konsens hier im Forum ist, insofern läßt mich der doch sehr rauhe Ton etwas ratlos und traurig zurück.
    Klar, wenn man liest, dass nahe Fehmarn Erwachsene einen gestrandeten Schweinswal festgehalten haben, damit eine Gruppe Kinder ihn streicheln konnte – was der Wal mit seinem Leben bezahlt hat, immerhin läuft hier Strafanzeige – , dann mag man sich vorstellen, was Butenland sich alles so anhören muss. Aber gilt dies auch für diejenigen, die hier regelmäßig im Tagebuch lesen und schreiben?
    Wenn man wie Butenland so sehr die Öffentlichkeit sucht und eine herausragende Öffentlichkeitsarbeit leistet, ist doch auch nicht verwunderlich, wenn immer einmal wieder Menschen vor der Tür stehen, die man so nicht haben möchte, aber überhaupt kein Interesse wäre doch sicherlich viel schlimmer…?

  2. Marita sagt:

    Den Text kann ich absolut unterschreiben. Hof Butenland zeichnet sich eben dadurch aus, dass es vorlebt, dass ein Familiemitglied eben ein Familienmitglied ist. Egal ob zwei- oder vierbeinig, ob Haut, Fell oder Federn. Ich wollte auch keinen unangemeldeten Besucher*in vor der Tür stehen haben, die mal meine Katze oder Oma streicheln, oder auch nur ansehen wollen. Es ist auch eine Sache des Respekts. Zwar ist es in der heutigen Zeit der „unsozialen Netzwerke“ schwer zu verstehen, dass es Wesen gibt, die vielleicht keinen menschlichen Kontakt mögen, aber so ist es nun mal. Weder ein Tier noch ein Mensch sollte zu Schau gestellt werden, wenn dies nicht gewünscht ist. Bei den Butenländern sieht mensch das Einverständnis in Form des Vertrauens, das ihnen die tierischen Mitglieder entgegen bringen. Also – nur weiter so. Zoo’s gibt es leider noch viel zu viele auf der Welt.

  3. Doris sagt:

    Danke Marita, für deinen schönen Text. Das kann ich voll und ganz unterschreiben. Unsere Tiere (Hund, Kater) mögen auch keinen Überraschungsbesuch. Und schon gar nicht, ungefragt streicheln (Kater). Gerade jetzt in dieser besonderen Zeit, finde ich es ohne hin eher eine Frechheit einfach so vor der Tür zu stehen. Es ist doch zum Glück kein öffentlicher Zoo. Ich finde es hat auch etwas mit Respekt den Tieren und Menschen gegenüber zu tun.

  4. Martina sagt:

    Auch ich kann das Statement von Butenland gut nachvollziehen, zeigt es doch, dass das Wohl der Tiere das Handeln der menschlichen Butenländer bestimmt.
    Das Motto „Wir stellen einfach die Bedürfnisse der Bewohner in den absoluten Vordergrund, nicht die Wünsche der Menschen“ ist auch ein Grund, weshalb ich Butenland ♥️
    so sehr mag.
    Auch wenn ich meine beiden Patenkinder Lisbeth & Carlotta gerne mal persönlich kennenlernen
    würde, käme ich nicht auf Idee,in Zeiten einer Pandemie unangemeldet
    vor dem Butenland-Tor zu stehen.
    Bei täglichen Berichten & Videos über die tierischen Bewohner des Hofs kann man Butenland wohl auch kaum mangelnde Transparenz unterstellen.
    Dem ‚weiter so‘ von Marita
    schließe ich mich an !

  5. Bärbel und Lasse sagt:

    Die Berichterstattung über Butenland ist so interessant,das jeder das Leben auf dem Hof verfolgen kann.Mein Emil ist nicht oft zu sehen,aber Puschek und jetzt Omi trösten mich.Ich habe eine Besuchsrunde erlebt und es war wirklich sehr schön. Ich habe mich aber dicht an Karin gehalten,so ein Rind auf der Weide ist schon riesig.Ich verstehe vollkommen ,das Butenland kein Touristenmagnet sein kann.Weiter so und einen schönen Sommer für alle.

  6. Gabriele sagt:

    Diese besagten Leute, die an Lebenshöfe völlig unnötige Ansprüche haben und auch diese Tiere für ihren eigenen Genuss nutzen wollen, zeigen mal wieder die Einstellung der meisten Leute gegenüber Tieren. Ich bin froh, dass es Hof Butenland gibt, wo die armen ausgebeuteten Tiere nicht immer von fremden Menschen belästigt werden und endlich ihre Ruhe und ihren Frieden finden. Ich kann Eurem Konzept nur zustimmen und bin froh, dass Ihr einer der wenigen Orte seid, an dem Tiere nicht wie Sachen behandelt werden.

  7. Petra B. sagt:

    Ich sags mal so: ich möchte auch nicht von Kreti und Fleti gestreichelt werden, nur weil denen danach ist und die mich süß finden. Achtung vor jedem Tier und Menschen ist eine moralische Pflicht! So finde ich es gut, dass Hof Butenland dies für alle Bewohner umsetzt! Danke!!!!

  8. ingeborch sagt:

    Tiere einfach in Ruhe zu lassen, ist auch Tierschutz.

  9. Gabriele sagt:

    @Bärbel & Lasse: Im neuesten Video ist auch wieder mal der wunderschöne Emil zu sehen. Viel Freude bei den schönen Bildern!

  10. Ira sagt:

    Butenland macht alles richtig!

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