Die kuschlig warme Einzelhaft des Bauernverbands
von Admin, am 28.07.2021.Der Bauernverband Schleswig Holstein hat gestern total erschrocken festgestellt, dass er noch gar nicht die Geschmacklosigkeit der Woche veröffentlicht hat. Das konnte er seinen Fans natürlich nicht antun und hat deshalb gleich einen besonders widerwärtigen Beitrag veröffentlicht. Da geht es um „kuschlig warme, frisch eingestreute Einzel-Appartments“, die mit „voller Aufmerksamkeit“ und unter „Full Service“ betreut werden. Menschen, die noch nicht komplett den Boden der Realität verlassen haben, sehen dagegen ein Bild von einem Kälberiglu.
Es ist schon bezeichnend, wie eine ganze Branche verzweifelt versucht, ihr tägliches Geschäft mit Not und Leid so zu verdrehen und zu verniedlichen, dass etwas scheinbar Gutes dabei rauskommt. Das Positive ist daran allerdings, dass wir eigentlich gar keine Gegendarstellung posten müssten, denn immer mehr Leute wissen, was die Milch eines Säugetiers ist und wann sie produziert wird. Dafür muss ein weibliches Wesen schwanger sein und ein Kind gebären, dann entsteht automatisch Muttermilch, egal ob beim Menschen oder bei der Kuh. Und da der Mensch die Muttermilch der Kuh für sich haben will, wird der tierischen Mutter das Kind weggenommen und in ein Kälberiglu gesteckt. Wer sich das vor Augen hält, der entwickelt einen spontanen Brechreiz, wenn dieses moralische Verbrechen dann mit Wörtern wie „kuschlig“ oder „Full Service“ beschrieben wird.
Da hilft dann auch keine Infostrecke über die Biestmilch mehr, die dem Kind großzügig für ein paar Tage angeboten wird. Natürlich nicht mehr im Kontakt mit der Mutter, sondern schäbigerweise im Hinterzimmer bei ihr abgepumpt. Auf Butenland sind keine Kälberiglus in Betrieb, trotzdem wurden und werden hier Kälber von ihren Müttern erfolgreich großgezogen. Weil ein Kind eben kein Kälberiglu, Fleece-Decken und menschliche „volle Aufmerksamkeit“ benötigt, um sich vor Kälte und anderen Unbillen zu schützen, sondern nur seine liebende Mutter 24 Stunden an der Seite oder in Rufweite.
Interessant ist auch, dass in dieser zynischen Berichtsparodie menschliche Babys mit Kälbern verglichen werden. Wenn das jemand tut, um das Verbrechen an diesen Wesen zu beschreiben, dann ist er fanatischer Tierrechtler, gerne direkt vom Bauernverband zum Abschuß freigegeben. Aber um den Verlust des eigenen Gewissens zu verarbeiten, werden diese Vergleiche natürlich vom gleichen Bauernverband genutzt. Die Aufzucht von Kälbern bis zur tödlichen Tat kann man dagegen gar nicht genug mit Kitsch verkleistern und dort sind natürlich Vergleiche zum Menschen gerne inflationär zu setzen.
Das Gute an der Sache ist, dass die Tierhalter kaum mehr mit ihrer Stephen-King-Poesie durchkommen. Der ganze Kommentarstrang ist auch in diesem Beispiel aufgespalten in zwei Diskussionsgruppen. Zum einen Menschen, die sich über diese herzenskalte Beschreibung echauffieren, zum anderen verhärtete Bauern, die alle als Veganer beschimpfen und nicht ein Gegenargument bringen können. Stattdessen stehen sie demnächst wohl wieder auf der Straße und kippen heulend in einem Demonstrationszug ihre Milch weg. Und kriegen ihre Preise trotzdem nicht so angepasst, dass sie davon leben können, weil ihr eigener Verband samt Landwirtschaftsministerium sich nur noch um Großbauern kümmert und selbst die nicht mehr wissen, wohin mit dem Milchberg, da die Nachfrage aufgrund immer aufgeklärteren Verbrauchern nur in eine Richtung geht. Es läuft also auf ein Happy End hinaus, auch wenn das noch Jahrzehnte dauern wird. Aber wer weiß, wie erfolgreich der Bauernverband das mit solchen Beiträgen beschleunigen kann.
Kategorie: Allgemein
Letzte Woche schockte mich mein Fahrlehrer während einer Fahrstunde mit der Aussage: „Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Für Milch werden keine Kälber produziert, man hat den Kühen das Milchgeben bereits angezüchtet.“ Ja klar …
Gestern hat mich der Bericht in Fakt auf ARD von Soko Tierschutz wieder so geschockt!
Ich schäme mich für die Menschheit
@Ira: Dito 🙁
Unrecht bleibt Unrecht und Grausamkeit bleibt Grausamkeit, das kann man nicht umdichten, nicht mit finanziellen Begründungen entschuldigen oder als Normalität darstellen. „Es ist, wie es ist“, sagt die Wahrheit und der Preis für diese Empathielosigkeit gegenüber den als „Nutztiere“ entwerteten Lebewesen ist der Verlust von Menschlichkeit, wenn man Menschlichkeit denn als etwas im Grunde genommen Gutes definiert. Ich schäme mich auch oft, ein Mensch zu sein, mit all der Unvollkommenheit, die uns Menschen ausmacht und glaube doch, dass mit jedem neuen Tag, mit jedem neuen Moment die Möglichkeit besteht, zu erkennen, zu lernen und etwas zu verändern…hoffentlich zum Guten hin. Butenland ist gelebte Liebe zu unseren Mitlebewesen und zur Natur… es geht doch!!!
„Kühe geben Milch“ – NEIN, der Mensch nimmt sie ihnen weg.