Denn Tiere sind keine Maschinen

Top Agrar und die Sensibilität

von Admin, am 27.04.2021.

Inzwischen merkt sogar eine Organisation wie Top-Agrar, dass in ihrem Industriezweig etwas im Argen liegt und mahnt zu mehr Sensibilität im Umgang mit Mastschweinen. https://www.topagrar.com/schwein/news/mehr-sensibilitaet-beim-tierschutz-noetig-12523021.html Aber wie der Artikel aufgesetzt wurde, leuchtet mal wieder eher die Grenzen der Widerwärtigkeit aus.

Direkt am Anfang muss man natürlich Lebenshöfen einen mitgeben, die angeblich Bilder manipulieren, um an Spendengelder zu kommen. Das ist ja ein feuchter Traum in vielen Bauernhirnen, was den Vorwurf aber nicht weniger lächerlich macht. Lebenshöfe haben gar nicht die Möglichkeit, falsche Szenarien zu verbreiten, wie sollte das funktionieren? Rosa-Mariechen wird mal eben mit Ketchup eingeschmiert, man trimmt eine Hofecke auf baufällig und produziert da dann gefälschte Snuff-Videos? Gut, unser Mariechen ist natürlich eine Legende im Schauspielbereich, aber trotzdem wäre das allen Beteiligten viel zu doof. Die schaurigen Aufnahmen kommen grundsätzlich von Tierrechtlern, die in Ställe eindringen. Und dabei muss man nichts fälschen, weil diese Bilder automatisch entstehen, wenn man einfach mal ohne Filter arbeitet und auch die Ecken kontrolliert, die in einem Mastbetrieb nicht zur Besichtigung freigegeben wurden.

Das merkt dann sogar der Tunnelblick-Autor des oben verlinkten Artikels, denn er muss selber einräumen, dass bei 59 % von 379 kontrollierten Schweinemastbetrieben in NRW Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt wurden, in vielen dieser Betriebe gab es sogar mehrere Beanstandungen. Und bei dieser Tatsache sollte man unbedingt im Hinterkopf behalten, dass wir hier vom deutschen Tierschutzgesetz sprechen, das sich selber widerspricht und sowieso komplett auf bauernfreundlich getrimmt wurde. Was dann auch den Einwurf weiter unten extra ekelhaft macht, in dem darauf hingewiesen wird, dass in Sachen Belegdichte nirgendwo etwas beanstandet wurde. Wie zynisch in einem Land, in dem der Kastenstand noch legal ist. Der zwar gerade erst von der Politik als Quälerei verurteilt wurde, aber trotzdem noch jahrelang am Start bleiben darf, weil die Bauernlobby noch immer die größten Muskeln in diesem Staat hat.

Fast lustig wird es beim Krankenstall, denn auch dort wurden zig Mängel festgestellt und man empört sich total darüber, dass Landwirte oft die Nottötungen selbst durchführen, ohne die Gerätschaften vor Ort oder auch nur eine Ausbildung dafür zu haben. Hat man aber noch genug Nerven für den nächsten Artikel, dann stößt man auf ein Zitat von Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, in dem er die Förderung von Tötungszangen durch das Land fordert, um die Hemmschwelle für das Umbringen von Schweinen zu senken. Garniert mit dem Abschlußsatz „Ich selbst möchte die Tötungszange nicht mehr missen.“ Da kann man jeglichen Erfolg bei der Umsetzung von tiergerechteren Standards vergessen, wenn einer der obersten Verantwortlichen schwärmerisch in Tötungsfantasien schwelgt. Und dabei haben wir noch nicht mal darüber gesprochen, wann diese „Nottötungen“ erlaubt sind und wieviele Schweine dabei sterben, deren Behandlung einfach nur zu teuer war.

Alles in allem ist dieser Artikel wieder ein trauriges Beispiel dafür, warum die Menschheit bei den Tierrechten eben auf keinen Fall die Bauern mit ins Boot holen kann. Diese Leute haben bei diesem Thema nicht mal ansatzweise etwas begriffen und werden deshalb niemals ihren Beruf und seine Auswirkungen mal aus der Perspektive des Opfers sehen. Damals vor mehreren Jahrhunderten hat das auch nicht bei den Henkern geklappt, diese Jobs wurden ebenfalls einfach verboten, weil sie aus der Zeit gefallen waren.


Kategorie: Allgemein

4 Antworten zu “Top Agrar und die Sensibilität”

  1. Sandra sagt:

    „Möchte die Tötungszange nicht mehr missen“ – als würde er von einem unverfänglichem Küchengerät oder Gartenwerkzeug sprechen. Widerwärtig und respektlos den fühlenden (und leidenden) Tieren gegenüber!

  2. ellen sagt:

    Ohne Worte – allein schon bei der Begriffsbezeichnung „Tötungszange“ überkommt einem das Schaudern. Bei dutzenden von Tierrechtsverstößen, die sich durchs ganze Land ziehen, stellt man sich die Frage, wann endlich die Quälereien ein Ende haben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

  3. Wo aus Wu sagt:

    Ja das ist ja vielleicht ein Früchtchen: Diese Zange möchte er also nicht mehr missen. Benutzt er die öfter und ist jetzt hellauf begeistert?
    Klar, so was gehört in jeden Haushalt. Und habe ich das richtig verstanden: Wenn ich die Opfer der durch mein Handeln verursachten Missstände beseitige, dann gibt es die Missstände nicht mehr und alles wird gut?
    Oh Leute, dass sich so etwas auch gegen bestehende Gesetze so hartnäckig halten kann, dafür gibt es nur eine Erklärung: Filz! Nicht nur bei diesem Thema, gut organisierte Filze haben in den letzten 2 Jahrzehnten Fortschritte in vielen Bereichen erfolgreich ausgebremst.
    Übrigens: Tötungszange ist m.E. nicht der richtige Ausdruck, denn tot ist das Schwein danach ja noch lange nicht, nur bewusstlos, hoffentlich, so die Theorie.

  4. ingeborch sagt:

    So ist es.
    Danke.

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