Denn Tiere sind keine Maschinen

Gedanken zum Tag der Milch

von Admin, am 01.06.2020.
Wieder ist ein Jahr vorbei und noch immer „feiern“ die Menschen am heutigen Datum den „Tag der Milch“. Was für ein gruseliges Ereignis. Da stimmen sogar die Befürworter zu, denn sie trauen sich nicht mal, ihren ausgedachten Ehrentag richtig zu benennen. Überall wird gerade verschärft gegen Pflanzenmilch mobil gemacht, weil diese Bezeichnung angeblich so viele arme Kunden verwirrt, aber die gleichen Kritiker reagieren mehr als gereizt, wenn man ihr Gesöff unter dem korrekten Namen führt. Täte das jemand, dann würden wir heute nämlich den „Tag der Muttermilch“ begehen. Und das wäre dann nicht etwa eine Ode an das Getränk, das jedem von uns einen gesunden Lebensstart garantiert und jede unserer Gehirnleistungen erst ermöglicht hat, denn von diesem Ambrosium wird jeder erwachsene Mensch in jungen Jahren entwöhnt, was man allgemein als Abstillen bezeichnet. Nein, die Menschen feiern heute artfremde Muttermilch, die nicht für sie bestimmt ist, wissen das auch ganz genau und lassen das Ganze deshalb überall nur unter „Milch“ firmieren.
 
Wer in Biologie aufgepasst hat, für den ist es auch kein Geheimnis, wann ein Säugetier Muttermilch produziert. Da wir uns mit Rindern und vielen anderen Lebewesen diese Klasse teilen, durchlaufen die weiblichen Exemplare unserer Art dafür sogar den exakt gleichen Vorgang: Sie werden schwanger und gebären ein Kind nach 9 Monaten. Die Unterschiede finden sich da nur in der Besamung, die beim Menschen fast immer, bei Rindern und anderen Arten, auf deren Muttermilch eine ganze Industrie gegründet wurde, fast nie auf freiwilliger Basis erfolgt. Die meisten Menschen können ihren Nachwuchs nach der Geburt behalten, während die Rinder ihre Zeit mit ihrem Baby wenn überhaupt nur in Stunden bemessen dürfen.
 
Dass die Entführung des eigenen Babys eine echt miese Sache darstellt, wissen die meisten Verbraucher auch. Aber leider ist ihre Gier auf ein Pseudo-Lebensmittel größer als ihr Gewissen, ein Lebensmittel, das von der Natur sogar lichtempfindlich gemacht wurde, weil es nur zwischen Euter der Mutter und Mund des Kindes transportiert werden sollte und deshalb als menschennutzbares Endprodukt soviel mit Natürlichkeit zu tun hat wie ein gelber Sack. Also lassen sich die Konsumenten Märchen einreden, zum Beispiel dass eine Kuh ihr Kind nicht vermisst, weil sie jährlich ihren Nachwuchs abgeben muss und sich daran irgendwann gewöhnt. So etwas können wir uns sogar vorstellen, zwar nicht beim ersten Kind, aber durchaus beim 12.. Wie abgestumpft und verroht muss man jedoch sein, um dadurch beruhigt zu werden, dass der Wille einer Mutter so sehr gebrochen werden kann, dass er nicht mal mehr das eigene Baby vermisst? Wobei das sowieso nur einen Bruchteil der Kühe betrifft, die Mehrheit ruft tagelang nach ihren geraubten Kindern, einfach auch schon, weil der Mensch kein Copyright auf Mutterliebe besitzt.
 
Eine normale Milchkuh ist ihr Leben lang dauerschwanger. Selbst in den kurzen Trockenstehphasen, die sich in wenige Wochen jährlich berechnen, hat der gegen ihren Willen eingesetzte Samen eines fremden Stiers bereits wieder eine Eizelle in ihr befruchtet. Denn diese Tiere ziehen ihr Lebensrecht nur noch aus der Existenz als Produktionseinheit. Lässt die Produktion nach, wird die nächste Milchmaschine an den Milchroboter angeschlossen, in vielen Fälllen die eigene Tochter, weil auch deren Lebensweg vorbestimmt und per Tunnelblick auf Tierleid ausgerichtet wurde. Eine durchschnittliche Milchkuh in Deutschland wird 5 1/2 Jahre alt, danach wird sie auf einem Schlachthof ermordet. Die älteste Kuh der Welt hat dagegen ein Alter von 48 Jahren erreicht. Würde man in diesem Beitrag die Worte „Kuh“ mit „Frau“ austauschen, dann würden wir von ungeheuerlichen, hochgradig geisteskranken Verbrechen reden. Aber da es hier „nur“ um Tiere geht, ist plötzlich auch die perverseste Sache voll in Ordnung, kriegt ein neues verniedlichtes Label und fast alle erwachsenen Menschen lassen sich selig von einer Kuh stillen, weil sie sich dafür nicht unter ein Euter legen müssen und das deshalb voll in Ordnung finden.
 
Und als wäre das alles nicht genug, kommt durch das Thema Klimaschutz auch noch eine ganz besondere Würze ins Spiel. Denn ohne die industrielle Tierhaltung wäre es auf dem Gebiet des Umweltschutzes nicht wie aktuell eine Minute vor zwölf, sondern eher früher Nachmittag. Viele Menschen sehen jetzt langsam ein, dass sie auf etwas verzichten müssen, falls dieser Planet im nächsten Jahrzehnt noch gerettet werden soll. Klappt das nicht in diesem Zeitfenster, dann ist nichts mehr rückgängig zu machen und keine Talfahrt könnte mehr gestoppt werden. Es ist so bitter, wenn man weiß, dass im Grunde genommen niemand für das perfekte Happy End auf etwas verzichten müsste, sondern jeder nur seinen Spaßkonsum und seine Nahrungslieferanten ändern müsste. Trotzdem wird die Menschheit zu dieser lächerlich anmutenden Kleinigkeit wohl nicht fähig sein und deshalb zurecht an diesem und vor allem auch allgemein als Witz final scheitern wird.
 
Heute wird übrigens nicht nur der „Tag der Milch“ gefeiert, gleichzeitig wurde an diesem Termin auch zumindest in China und vielen osteuropäischen Staaten der „Internationale Kindertag“ angesetzt, und das sicher nicht im Gedenken an die Millionen Kinder, die täglich wegen Milch von ihrer Mutter getrennt, als Junge getötet und als Mädchen zu einer Sklavenkarriere verurteilt werden. Nichts beschreibt besser den kritischen Geisteszustand, in dem wir modernen Dinosaurier uns befinden.
 
„Und kriechend über der Erden Land
ein paar Insekten, die Menschheit genannt,
verloren in Zeit, verloren im Raum
und in der Bedeutung.“
(Richard O`Brien)


Kategorie: Allgemein

8 Antworten zu “Gedanken zum Tag der Milch”

  1. margitta sagt:

    hallo admin,kannst du mal Quellenangeben nennen, wer diese ansichten der befürworter und kritiker vertritt, finde ich sehr spannend, möchte mir gerne eine eigene Meinung bilden.

  2. Hilke sagt:

    Ist ganz sicher auch kein Zufall, daß so viele (und immer mehr!) Menschen Laktoseintolerant sind!
    Die meisten Menschen gehen erst andere Wege wenn die eigene Gesundheit oder die der Kinder auf dem Spiel stehen!
    Ich kenne Menschen die unter Gelenksschmerzen leiden und lieber Chemie nehmen, als auf Fleisch etc. zu verzichten.
    In der Permakultur ist es so, wie mir heute eine Frau erzählte: Fängt man im Garten einmal an das Gleichgewicht zu stören durch Chemie o.ä., dann muß man ständig an anderen Ecken ausgleichen und auf der Künstlich-Schiene bleiben.
    Dies ist bezeichnend für fast alles, was wir Menschen tun, wir begradigen, chemisieren und betonieren, nur um dann Parasiten, sterbende Gewässer und kranke Kinder zu haben.
    Ich bin nicht besser, aber immerhin habe ich angefangen, meine Handlungen zu hinterfragen und zu ändern. Gewohnheiten sind gar nicht so schwer zu ändern wie ich dachte. Und außerdem erfrischt es den Geist und läßt einen lebendiger fühlen.

  3. Gabriele R. sagt:

    Nun kommt infolge wahrscheinlich das dritte Dürrejahr. Es ist so offensichtlich, dass die Menschen nicht so weitermachen können. Ich hoffe durch die Klimaerwärmung fängt der Mensch endlich an mit diesen ganzen destruktiven Dingen aufzuhören. Trotzdem habe ich Angst, dass es immer schlimmer wird.

  4. Anja sagt:

    Also ich brauche keine Quellenangaben, um mir meine Meinung zu bilden. Kein Lebewesen auf diesem Planeten ist fähig, sich solch perfide Methoden auszudenken, wie sie in diesem Artikel genannt werden. Und von den anderen Methoden, die „man“ sich ausgedacht hat, um andere Lebewesen zu quälen, foltern, töten etc. wollen wir gar nicht erst anfangen…

    Ich danke Euch auch für diesen Artikel! Dieser in Verbindung mit dem wundervollen Foto von Tilda und Karlsson – mehr muss zu dem völlig absurden „Tag der Milch“ meiner Meinung nach nicht gesagt werden.

  5. Monika Hoffmann-Kühnel sagt:

    Umdenken können immer nur Einzelne, nicht ganze Gesellschaften. Und Gewohnheiten ändern ist für die meisten Menschen eine schwierige Sache. Insofern glaube ich nicht an Veränderungen, die mit dem gebotenen Tempo vonstatten gehen. Oder anders ausgedrückt: die Menschheit wird es nicht schaffen!

  6. Marita sagt:

    Ich brauche auch keine wissenschaftlichen Quellenangaben, denn ich muss nicht jeden Gipfel selbst erklimmen, wenn ich nur weiß, wer mir die Aussicht schildert. Die Kommentare die von und auf Hof Butenland erstellt werden, haben Hand und Fuß und entsprechen jahrzehnte langer Erfahrung. Ihnen kann ich vertrauen. Ausserdem habe ich einen eigenen Verstand, Herz und Gefühl – und das sagt mir, wir Menschen gehen nicht nur mit anderen Spezieen schlecht um, sondern auch mit uns selbst. Wenn dieser Zerstörungswillen dazu führen würde, dass wir es nicht schaffen, wäre es mir nur recht. Denn ich kann mir die Mutter Erde ohne uns Menschen als eine bessere Welt vorstellen.

  7. margitta sagt:

    hallo hilke, gut,dass du zu schluss von dir sprichst, das vermisse ich in vielen beiträgen, immer nur anklagen,
    der anklagende weiss natürlich immer, wie es besser geht

  8. ingeborch sagt:

    Kälber sind an Niedlichkeit kaum zu überbieten: die großen Augen, die langen Wimpern, die knubbeligen Beine… man muss schon hartgesotten, um sie den Kühen zu entreißen.

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