Denn Tiere sind keine Maschinen

Abschied von Lenchen

von Admin, am 26.06.2020.
„Ich wünsch‘ dir jede Menge dieser Augenblicke, die nach Sonne schmecken, süß und frisch, die nach Frühling duften und nach Glück.“
(Jochen Marris)
 
Unser Oma Lenchen ist heute friedlich für immer eingeschlafen. Beim Morgenrundgang reagierte sie noch auf uns, zur Mittagsrunde war sie dann schon tot. Es gab keinerlei Spuren in ihrer Umgebung, die auf einen Todeskampf hindeuten, sie hat wohl einfach altersmüde die Augen für immer geschlossen. Das heiße Wetter wird daran einen großen Anteil haben, denn diese Temperaturen machen eben allen älteren Mitlebewesen zu schaffen und sorgen für Herz-Kreislauf-Probleme. Gerade in einem Kuhaltersheim muss man auch immer mit solchen Fällen rechnen, außerdem gibt es wohl keinen schöneren Tod als ein sanftes Hinübergleiten, aber trotzdem sind wir natürlich geschockt und traurig. Einfach weil wir ein Familienmitglied verloren haben, egal wie natürlich und absehbar dieser Abschied auch sein mochte.
 
Oma Lenchen wurde 20 Jahre alt und lebte 5 Jahre auf Butenland. Hier https://www.youtube.com/watch?v=1owtSn-2X2Y könnt ihr euch nochmal ihre Ankunft anschauen. Damals hatte sie noch ein Rieseneuter, stammte sie doch aus einem Milchbetrieb, wo ihr 11 Kinder geraubt wurden, zwei davon durch Totgeburten. Diese unfassbar grausame Quote konnten wir etwas abfedern, indem wir ihr letztes Kind Emil nach einem Recherche-Marathon ebenfalls retten konnten. Diese Aktion lief über zwei Händler und endete erst beim Mäster hunderte Kilometer entfernt. Dadurch dauerte das Ganze entsprechend, Lenchen und Emil waren über 2 Monate getrennt, und leider konnte sich dadurch nie so eine innige Beziehung wie zum Beispiel zwischen Dina und Mattis zwischen den beiden entwickeln. Erkannt haben sie sich aber trotzdem und ihr Verhältnis war auch immer freundschaftlich geprägt. https://www.youtube.com/watch?v=Bz784hv7QXI
 
Seit der letzten Stallsaison lebte Lenchen in unserer Krankenabteilung, einfach weil hier die Wege kürzer sind und gerade unsere älteren Damen das zu schätzen wissen. Dort freundete sie sich mit Marieke an, die seit März bei uns lebt. Gleich in ihrer Anfangszeit stürzte Marieke schwer und zog sich eine Beckenfraktur zu. So konnte sie vorerst nicht mit auf die Weide, was Lenchen zusammen mit ihrer besten Freundin Lisbeth dazu bewog, erstmal nicht mit der Herde in die große Freiheit zu ziehen, sondern zuhause bei Marieke zu bleiben. Selbst als die beiden dann irgendwann doch tagsüber aufbrachen, kehrten sie als einzige zwei Kühe regelmäßig am Abend auf den Hof zurück und erzählten Marieke die neuesten Klatschgeschichten.
 
Nicht nur Lisbeth und Marieke wird der Abschied von ihrer Freundin schwerfallen, auch wir haben das Ganze noch gar nicht richtig realisiert. Denn ein Tod kann noch so schmerzfrei und ein Sterben noch so komplikationslos ablaufen, für die Hinterbliebenen reißt es immer eine Lücke. Gerade bei so liebenswerten, sanften und hochgeschätzten Seelen wie unserem Oma Lenchen.
 
Für Lenchen:
 
„Lege deinen lieblichen und erschöpften Kopf nieder,
die Nacht bricht herein,
du bist am Ende deiner Reise angekommen,
schlafe jetzt und träume von denen, die vor uns kamen,
sie rufen vom fernen Ufer.
 
Was kannst du am Horizont sehen?
Warum rufen die weißen Möwen?
Jenseits des Meeres geht ein blasser Mond auf,
die Schiffe sind gekommen, um dich nach Hause zu bringen.
 
Die Hoffnung verblasst in der Welt der Nacht,
durch Schatten entfällt sie der Erinnerung und der Zeit,
sag nicht, dass wir am Ende angekommen sind
Weiße Ufer rufen, du und ich werden uns wiedersehen.
 
Und du liegst hier in meinen Armen,
nur schlafend.“


Kategorie: Allgemein

12 Antworten zu “Abschied von Lenchen”

  1. margitta sagt:

    gut, dassw sie friedlich eingeschlafen ist und keinen todeskampf erlitten musste, das wäre ja schrecklich.

  2. Hilke sagt:

    Och Mensch, die freundliche Dame mit dem grünen Punkt auf der Nase, treue Freundin und Weggefährtin, schniff.

  3. Martina sagt:

    Ich bin in Gedanken bei Euch,bei Lenchen und auch bei Lisbeth,die ihre beste Freundin nun sicherlich schmerzlich vermissen wird.
    Ich sage DANKE, dass Ihr die letzten 5 Jahre zu den besten in Lenchens Leben gemacht habt – Ihr seid für mich Engel auf Erden !
    Ruhe in Frieden süßes Lenchen.

  4. Kerstin sagt:

    Es ist toll, dass Oma Lenchen noch so viele Jahre auf Butenland genießen durfte und ihr Abschied frei von Leid war. In meiner Wahrnehmung eine besonders freundliche Kuh. Dass es offensichtlich bei Rindern so oft innerhalb weniger Stunden von 100 auf Null geht, ist natürlich immer wieder sehr schwer zu fassen. Den zwei- und vierbeinigen Mitgliedern der Herde spreche ich mein Beileid aus, ganz besonders Lenchens Freundinnen Lisbeth und Marike.
    Lenchen, hast mein Herz erfreut, ich danke Dir dafür und werde mich gerne an Dich erinnern.
    Den Butenländern Dank für alles, was möglich gemacht wird, und auch für den wieder einmal sehr schönen Geleittext.
    Alles Liebe
    Kerstin

  5. iski sagt:

    So traurig. Ja, Lenchen war alt und sie hatte das, was man einen „schönen“ Tod nennt. Und doch tut es weh, aus der großen Herde ein Mitglied zu verlieren, denn jede „Tierperson“ ist ein Individuum und nicht ersetzbar. Ich hätte ihr noch so sehr ein paar friedliche Jahre mit Lisbeth und Marieke und den anderen gegönnt. In Gedanken bin ich bei den beiden und natürlich bei euch und sage ebenfalls danke dafür, dass ihr Oma Lenchen so eine wunderbare letzte Lebenszeit bereitet habt.
    Ob Emil den Verlust bemerkt?

  6. Ute sagt:

    Wie wenig Trost es doch gibt, wenn man sich selbst ueberzeugen moechte: „Aber sie hatte noch fuenf schoene Jahre“ oder: „Ihr war ein friedliches Sterben geschenkt“.
    So traurig, zu wissen, dass fuer Lenchen ein Morgen nicht mehr kommen wird.

  7. Gabriele R. sagt:

    Liebes Lenchen, wie schade, daß Du nur fünf Jahre Deine Freiheit genießen konntest. Wir werden Dich vermissen. Jetzt kannst Du Dich ausruhen und mit allen, die vor Dir gegangen sind, in einer Welt ohne Leid weiterleben. Machs gut Du Liebe!!!

  8. Marita sagt:

    Oma Lenchen war für mich immer etwas besonderes. Befreit von dem Frohndienst und endlich grünes Gras unter den Klauen und Wind im Fell spüren. Ein „schöner“ Tod hat was, ja – aber ein schönes Leben ist doch besser. Es wäre herrlich, wenn sie noch ein paar Jahre im Paradies Butenland hätte leben können. Aber nun zieht sie zu ihren Freundinnen und Freunden und lernt endlich ihre Kinder kennen. Liebes Oma Lenchen, ruhe dich jetzt aus und werde glücklich. Meine besten Wünsche begleiten dich.

  9. Ira sagt:

    So traurig, armes kleines Lenchen, hast so viel Leid durchgemacht. Du hättest es noch verdient zu bleiben.
    In Gedanken bin ich bei bei Euch und bei Emil, Marieke und Lisbeth, die dich sehr vermissen werden!
    Schade, dass du schon gehen musstest!
    Du wirst unvergesslich bleiben…..

  10. Antonia sagt:

    Nach fünf schönen Butenland-Jahren, in denen Dein letztgeborenes Kind immer in Deiner Nähe war, bist Du nun friedlich in Deinem idyllischen Zuhause eingeschlafen. Irgendwie trifft es sich da gut, dass Lisbeth und Du in letzter Zeit noch Marieke für Euren engsten Freundeskreis gewonnen habt. So können die beiden gemeinsam leichter um Dich trauern.

    Auch wenn ich Dir natürlich noch viele schöne Jahre gewünscht hätte, sind das hier Abschieds-Nachrichten, mit denen man sich etwas leichter abfinden kann.

    Mach es gut, liebes Lenchen.♥

  11. Dagmar sagt:

    Liebes Lenchen, ich habe erst jetzt von Deinem Tod gelesen und bin traurig, aber auch froh, dass Du das Leben auf Butenland noch kennen lernen durftest und zum Schluss ein selbsbestimmtes Leben haben durftest. Bist friedlich eingeschlafen,ohne Schmerzen, das ist der schönste letzte Abschied den man sich denken kann. Was waren wir gespannt, als Du auf Butenland angekommen bist, was haben wir Deinem Treffen mit Deinem Sohn Emil entgegen gefiebert. Lenchen, jetzt bist Du drüben auf der Sternenweide mit ewig saftigem Gras und angenehmen Temperaturen Sag bitte liebe Grüße an Gisela, Angelika, Lola, den Prinzen und Rudi. Auch wenn Du einen sanften Tod hattest bin ich traurig und weine ein bisschen um Dich.

  12. Inga sagt:

    Dein Weg über die Weiden mit dem kleinen Emil, wie lebhaft die Erinnerung noch ist, liebes Lenchen, und jetzt bist Du Deinen letzten Weg in Frieden und Freiheit gegangen, ruhe auch in Frieden.

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