Denn Tiere sind keine Maschinen

Lebenshof = Lebensaufgabe

von Admin, am 19.08.2019.

https://www.facebook.com/870716029607864/videos/2266797843418027

Dieses Statement möchten wir sehr gerne weiterverbreiten, denn wir haben die im Video angesprochene Mail auch erhalten und können uns allen Kritikpunkten nur anschliessen. Zumal das nicht die erste Nachricht dieser Art war. Es ist wirklich unglaublich, wie manche Leute einen Lebenshof führen möchten und an dieses gigantische Projekt herantreten. Da verwundert es nicht mehr, wieviele dieser nicht durchgedachten Ideen scheitern und wie oft Verantwortliche tragischen Schiffbruch erleiden.

Man kann einen Lebenshof nicht nebenbei mit ganz vielen Ehrenamtlichen und Freiwilligen führen. So ein Betrieb darf grundsätzlich nur so viele Tiere versorgen, wie ein immer anwesendes Grundteam betreuen kann. Wie schnell sind Ehrenamtliche mal verhindert, wie oft sind Freiwillige nicht zuverlässig, wie stark kann man von anderen Menschen enttäuscht werden oder sich mit ihnen zerstreiten? Man kann einen Lebenshof nicht planen, nur weil man weiß, wer die nächsten 14 Tage dort arbeiten möchte, weil er/sie es fest versprochen hat. Das ist ein Langzeitprojekt, Tiere wie zum Beispiel Rinder können bis zu 30 Jahre alt werden. Das sind dann auch die Zeiträume, mit denen man planen muss. Butenland hat schon öfter einen Aufnahmestopp gehabt, ganz aktuell gibt es auch einen. Das liegt nicht etwa am fehlenden Platz, sondern daran, dass wir die Kapazität erreicht haben, die ein 4-Leute-Team täglich erledigen kann. Da hilft es niemandem, wenn wir uns übernehmen und mit Arbeitskräften oder auch Geldern planen würden, die einfach in der Gegenwart nicht vorhanden sind.

Wenn man zu so einem festem Team gehört, dann sollte man sich auch klar darüber sein, was das heißt. Karin und Jan versuchen nun schon seit Jahren mal ihren Patenaffen in Wales zu besuchen, das ist aber nur ein schöner Traum, weil sich ein Lebenshof und ein Kurzurlaub nicht miteinander verbinden lassen. Auch der geplante Tagesausflug zur Auswilderung einer von ihnen gefundenen Seehunddame musste abgesagt werden. Gerne sitzt man auch mal mit Fieber auf dem Trecker, weil gewisse Basisarbeiten nicht aufgeschoben werden können, und nur Jan die großen Maschinen wie Mähwerk, Heudrescher usw. bedienen kann. Mit freien Sonntagen oder Pausen über Weihnachten sollte man sich auch gar nicht erst beschäftigen, denn die Tiere sind das Non Plus Ultra auf so einem Hof und die verzichten nicht auf Futter und Pflege, nur weil der Mensch mal auftanken möchte.

Das geht auf Butenland so weit, dass wir auch keine spontane Unterstützung zulassen. Mal ganz davon abgesehen, dass wir da Ärger mit der Berufsgenossenschaft bekommen würden, weil hier alle Tiere so frei wie möglich laufen und das für unbeaufsichtigte Fremde durchaus ins Auge gehen kann. Auch wir würden niemanden zu Chaya schicken oder Rosa Mariechen streicheln lassen, weil diese Person dann schon selber schnell lernt, was da alles schiefgehen kann. Jeder Bewohner und jede Bewohnerin hat eine individuelle Krankengeschichte, einen unterschiedlichen Charakter sowieso. Darauf muss man sich einstellen, das ist niemals durch Ehrenamtliche zu schaffen, die vielleicht auch noch alle paar Wochen wechseln.

Zumal es unter Ehrenamtlichen garantiert die Leute gibt, die sich auch bei uns schon öfter beworben haben. Menschen, die sich selbst verwirklichen wollen, die eine Auszeit brauchen, die den ganzen Tag mit Streicheln von Tieren verbringen könnten … und die man alle nicht auf einem Lebenshof gebrauchen kann, so schade das auch ist. Die Arbeit auf einem Lebenshof besteht zu 80 % aus Exkremente entfernen, auch der Rest des Jobs enthält so manches an Knochenarbeit. Dazu ist es enorm wichtig, dass man über den Tellerrand hinausblickt und auch Dinge lernen möchte. Das umfasst dann nicht das Streicheln eines neuen Bewohners, sondern eher wie man eine Heuernte einbringt, ein Weidezelt aufbaut oder eine Futterraufe repariert. Sicher werden hier auch täglich die tierischen Bewohner verwöhnt und umsorgt, aber die meisten Kuscheleinheiten gehören nicht zur Jobbeschreibung, sondern sind ein Hobby, das entsprechend in die Freizeit gelegt wird. Es braucht außerdem nicht nur Disziplin und Kompetenz, sondern auch die Bereitschaft, ständig mit dem Tod umgehen zu müssen, eine Tatsache, die viele Leute unterschätzen.

Wir bekommen auch eine kleine Krise, wenn jemand fragt, wie so ein Lebenshof wohl ermöglicht werden kann, sich darüber also noch nicht viele Gedanken gemacht hat, aber schon sehr genau weiß, dass er einen Hundesitterdienst, ein Cafe, Kochkurse, oder sogar Therapieangebote ins Leben rufen will. Das ist für uns immer das Signal für einen Gesprächsabbruch. Denn wie kann man einen Lebenshof ernsthaft ins Auge fassen, für den man auch noch Ehrenamtliche sucht, und gleichzeitig noch zig andere Gewerbe gedanklich hochziehen? Wer so ein Projekt verwirklichen möchte, für den oder die sollte der erste Grundsatz sein, dass sich ab sofort wirklich alles um die Tiere dreht, dass jede „Ich“-Idee in eine „Sie“-Realität umgewandelt wird, und dass 24 Stunden jemand parat stehen muss, der auf die Bedürfnisse dieser Tiere reagieren kann. Da bleibt dann keine Zeit mehr für ein Cafe, bei der Aussage kann man uns voll vertrauen. Und auch Therapieangebote haben auf einem Lebenshof nichts zu suchen, da so etwas kein Streichelzoo, keine Touristenattraktion und eben leider auch kein Genesungszentrum für kranke Menschen ist, sondern ein Hof, auf dem Tiere ihren Lebensabend in Ruhe und Würde verbringen sollen. Das schließt jedes Sommerfest, verbindliche Termine und regelmäßige Besucherströme absolut aus.

Als Hof Butenland gegründet wurde, haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie lange unser komplettes Privatvermögen reichen wird, wieviele Tiere wir damit und mit unserer Arbeitskraft auf Jahrzehnte versorgen können, wie wir diese Versorgung durch regelmäßige Spenden auf eine solide Basis stellen können und so weiter. Auch heute rechnen wir vor jedem neuen Bewohner durch und gehen dabei immer von einer holprigen Strecke aus, selbst wenn die aktuell nicht zu bemerken ist. Denn das kann sich immer ruckzuck ändern.

Außerdem war uns schnell unser Konzept klar, dass aus den schon angesprochenen Punkten besteht, aber auch zum Beispiel aus dem Fehlen von Gehegen und anderen Begrenzungen, so weit das eben möglich ist. Das sind die Überlegungen, die man sich bei so einem Projekt machen muss, nicht wie man die Tiere in eine Maschinerie integrieren kann, die dann richtig viel Geld ausspuckt. Die tierischen BewohnerInnen sind gerade erst aus der industriellen Tierhaltung entkommen, da brauchen sie keine abgeschwächtere Version, in der sie auch wieder nur funktionieren müssen, sondern ein ernstgemeintes Angebot auf einen Ruhestand, den sie sich selbstbestimmt und frei ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen einrichten können.


Kategorie: Allgemein

8 Antworten zu “Lebenshof = Lebensaufgabe”

  1. V. Arken sagt:

    Ich verbeuge mich vor dem Butenland-Team.

  2. Ute sagt:

    Sooo viel zu sagen zu diesen Worten! Aber das soll genuegen: Fuer DEN Text koennte ich Euch umarmen! Aber auch dafuer, dass Ihr nicht willens seid, von Euren Prinzipien abzuweichen.

    Ich war da (meine Schutzbefolenen waren „nur“ kleine Tiere – Kaninchen, Hunde, Katzen, Meerschweinchen…) – und kenne die enorme Schweissarbeit, die man leisten muss, wenn man eine Vielzahl geretteter Tiere jeden Tag, jede Stunde fuer ihr ganzes Leben lang gerecht versorgen will. Und sich nur auf sich selbst verlassen kann. Da kommen seine eigenen Beduerfnisse halt permanent zu kurz. Die Verantwortung kann erdrueckend sein.

    Ich sehe es als eine Ehre, ein Geschenk an, Euch aus der Entfernung wenigstens ein bissel unterstuetzen zu duerfen.

  3. Gabriele sagt:

    Meinen allerhöchsten Respekt für Karin, Jan und alle, die ihre Zeit, Kraft und Liebe in den Dienst der Tiere stellen. Lebenshöfe sind eben keine Zoos oder Serengeti-ähnlichen-Anlagen.

  4. ines sagt:

    Es ist wirklich alles gesagt zum Thema Lebenshof. Ich hoffe, so ein Serienbrief ist nicht dazu gedacht, über das Internet schnell Geld einzutreiben für was weiß ich auch immer. Das wäre dann noch die Krönung! – Es tut mir leid, dass Karin Karin nicht mit verabschieden konnte! Ich hätte es mir so für sie gewünscht!

  5. Antonia sagt:

    Da fragt man sich wirklich, was die Ersteller des Serienbriefs tatsächlich erreichen wollten; das kann ja hoffentlich nicht ernst gemeint gewesen sein!!?

    Also ich gebe ja zu, dass ich auch immer mal die Idee habe, auf einem Lebenshof zu arbeiten oder sogar selbst einer kleinen Gruppe bedürftiger Tieren ein Zuhause zu geben…….aber mir ist auch klar, was das bedeutet, weil ich das genau wie Ute schon im „kleinen“ Rahmen gemacht habe; und so holt mich die Realität dann schnell wieder ein.

    Trotz dem ganzen Kraftaufwand und der Notwendigkeit, sich selbst immer zurückzustellen, beneide ich dennoch manchmal das Butenländer Team, weil es eine sinnvolle und lebensnahe Aufgabe ist. Wenn ich da meinen total schwachsinnigen Verwaltungsjob vergleichsweise betrachte, der am Ende eines jeden Tages niemandem wirklich nützt, denke ich schon oft, dass ich mich lieber um bedürftige Tiere kümmern würde.

  6. Simone sagt:

    Liebe Butenländer,
    ihr habt das Herz auf dem rechten Fleck und ich wünsche euch und euren Tieren nur das Allerbeste. Und nur für einen Hof wie euren gebe ich einen kleinen Beitrag und den aber von ganzem Herzen.

  7. Doro sagt:

    Der Text von Jens hat es absolut auf den Punkt gebracht. Ich empfinde höchste Wertschätzung für genau diese Butenland-Prinzipien und ihre Realisierung, und deshalb ist Butenland für mich die aufrichtigste Tierschutzorganisation, die mir bislang begegnet ist – ich kann nicht ausdrücken, wie wertvoll ich eure Arbeit finde!
    DANKE…<3<3<3

  8. Ute sagt:

    Antonia, ja! Abends ins Bett gehen und wissen, dass man einen Unterschied gemacht hat – was gibt es Besseres?!?

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