Denn Tiere sind keine Maschinen

Gedanken zum Tag der Milch

von Admin, am 01.06.2019.
Wieder ist ein Jahr vorbei und noch immer „feiern“ die Menschen am heutigen Datum den „Tag der Milch“. Was für ein gruseliges Ereignis. Da stimmen sogar die Befürworter zu, denn sie trauen sich nicht mal, ihren ausgedachten Ehrentag richtig zu benennen. Überall wird gerade verschärft gegen Pflanzenmilch mobil gemacht, weil diese Bezeichnung angeblich so viele arme Kunden verwirrt, aber die gleichen Kritiker reagieren mehr als gereizt, wenn man ihr Gesöff unter dem korrekten Namen führt. Täte das jemand, dann würden wir heute nämlich den „Tag der Muttermilch“ begehen. Und das wäre dann nicht etwa eine Ode an das Getränk, das jedem von uns einen gesunden Lebensstart garantiert und jede unserer Gehirnleistungen erst ermöglicht hat, denn von diesem Ambrosium wird jeder erwachsene Mensch in jungen Jahren entwöhnt, was man allgemein als Abstillen bezeichnet. Nein, die Menschen feiern heute artfremde Muttermilch, die nicht für sie bestimmt ist, wissen das auch ganz genau und lassen das Ganze deshalb überall nur unter „Milch“ firmieren.
 
Wer in Biologie aufgepasst hat, für den ist es auch kein Geheimnis, wann ein Säugetier Muttermilch produziert. Da wir uns mit Rindern und vielen anderen Lebewesen diese Klasse teilen, durchlaufen die weiblichen Exemplare unserer Art dafür sogar den exakt gleichen Vorgang: Sie werden schwanger und gebären ein KInd. Die Unterschiede finden sich da nur in der Besamung, die beim Menschen fast immer, bei Rindern und anderen Arten, auf deren Muttermilch eine ganze Industrie gegründet wurde, fast nie auf freiwilliger Basis erfolgt. Die meisten Menschen können ihren Nachwuchs nach der Geburt auch behalten, während die Rinder ihre Zeit mit ihrem Baby wenn überhaupt nur in Stunden bemessen dürfen.
 
Dass der Raub des eigenen Babys eine echt miese Sache darstellt, wissen die meisten Verbraucher auch. Aber leider ist ihre Gier auf ein Pseudo-Lebensmittel größer als ihr Gewissen, ein Lebensmittel, das von der Natur sogar lichtempfindlich gemacht wurde, weil es nur zwischen Euter der Mutter und Mund des Kindes transportiert werden sollte und deshalb als menschennutzbares Endprodukt soviel mit Natürlichkeit zu tun hat wie ein gelber Sack. Also lassen sich die Konsumenten Märchen einreden, zum Beispiel dass eine Kuh ihr Kind nicht vermisst, weil sie jährlich ihren Nachwuchs abgeben muss und sich daran irgendwann gewöhnt. So etwas können wir uns sogar vorstellen, zwar nicht beim ersten Kind, aber durchaus beim 12.. Wie abgestumpft und verroht muss man jedoch sein, um dadurch beruhigt zu werden, dass der Wille einer Mutter so sehr gebrochen werden kann, dass er nicht mal mehr das eigene Baby vermisst? Wobei das sowieso nur einen Bruchteil der Kühe betrifft, die Mehrheit ruft wochenlang nach ihren geraubten Kindern, einfach auch schon, weil der Mensch kein Copyright auf Mutterliebe besitzt.
 
Eine normale Milchkuh ist ihr Leben lang dauerschwanger. Selbst in den kurzen Trockenstehphasen, die sich in wenige Wochen jährlich berechnen, hat der gegen ihren Willen eingesetzte Samen eines fremden Stiers bereits wieder eine Eizelle in ihr befruchtet. Denn diese Tiere ziehen ihr Lebensrecht nur noch aus der Existenz als Produktionseinheit. Lässt die Produktion nach, wird die nächste Milchmaschine an den Milchroboter angeschlossen, in vielen Fälllen die eigene Tochter, weil auch deren Lebensweg vorbestimmt und per Tunnelblick auf Tierleid ausgerichtet wurde. Eine durchschnittliche Milchkuh in Deutschland wird 5 1/2 Jahre alt, danach wird sie auf einem Schlachthof ermordet. Die älteste Kuh der Welt hat dagegen ein Alter von 48 Jahren erreicht. Würde man in diesem Beitrag die Worte „Kuh“ mit „Frau“ austauschen, dann würden wir von ungeheuerlichen, hochgradig geisteskranken Verbrechen reden. Aber da es hier „nur“ um Tiere geht, ist plötzlich auch die perverseste Sache voll in Ordnung, kriegt ein neues verniedlichtes Label und fast alle erwachsenen Menschen lassen sich selig von einer Kuh stillen, weil sie sich dafür nicht unter ein Euter legen müssen und das deshalb voll in Ordnung finden.
 
Und als wäre das alles nicht ekelhaft genug, kommt durch die „Fridays for Future“-Demonstrationen und das damit einhergehende Thema Klimaschutz auch noch eine ganz besondere Würze ins Spiel. Denn ohne die industrielle Tierhaltung wäre es auf dem Gebiet des Umweltschutzes nicht wie aktuell eine Minute vor zwölf, sondern eher früher Nachmittag. Viele Menschen sehen jetzt langsam ein, dass sie auf etwas verzichten müssen, falls dieser Planet in den nächsten zehn Jahren noch gerettet werden soll. Klappt das nicht in diesem Zeitfenster, dann ist nichts mehr rückgängig zu machen und keine Talfahrt könnte mehr gestoppt werden. Kann sich jemand vorstellen, wie seltsam makaber dieses Gehampel wirkt, wenn man selber schon seit Jahren weder Milch noch Fleisch noch ein anderes Tierprodukt nutzt und auch noch nie zu einer Fernreise angetreten ist? Es ist so bitter, wenn man weiß, dass im Grunde genommen niemand für das perfekte Happy End auf etwas verzichten müsste, sondern jeder nur seine Reisevorlieben und Nahrungslieferanten ändern müsste, und trotzdem die Menschheit zu dieser lächerlich anmutenden Kleinigkeit nicht fähig sein und deshalb zurecht an diesem und vor allem auch allgemein als Witz final scheitern wird.
 
Heute wird übrigens nicht nur der „Tag der Milch“ gefeiert, gleichzeitig wurde an diesem Termin auch der „Internationale Kindertag“ angesetzt, und das sicher nicht im Gedenken an die Millionen Kinder, die täglich wegen Milch von ihrer Mutter getrennt, als Junge getötet und als Mädchen zu einer Sklavenkarriere verurteilt werden. Nichts beschreibt besser den kritischen Geisteszustand, in dem wir modernen Dinosaurier uns befinden.
 
„Und kriechend über der Erden Land
ein paar Insekten, die Menschheit genannt,
verloren in Zeit, verloren im Raum
und in der Bedeutung.“
(Richard O`Brien)
 
Foto: Luna mit Manuela

Kategorie: Allgemein

5 Antworten zu “Gedanken zum Tag der Milch”

  1. Vanessa sagt:

    Welch wahre Worte! <3

  2. margitta sagt:

    hoffentlich leist das nicht matthis, entwöhnt und abstillen als begriff ist für mich nur einseitig, sollte in der komumukation mit beiden einhergehen

  3. Sandra sagt:

    Margitta, was bedeutet „leist“?

  4. Marita sagt:

    Heute muss ein Problem etwas von einem Event anhaften, um das faule Volk in Bewegung zu bringen! Ist es kompatibel mit den Netzwerk? Kann mensch es liken oder auf die eigene facebookseite bringen? Seht her, wofür ich stehe…. Das Klima – klar doch, gegen den Diesel – selbstverständlich! Da gibt es Applaus – toll! Aber was ist mensch für ein Spielverderber wenn er/sie Bilder von gequälten Tieren einstellt, gegen die Nahrungsmittelindustrie kämpft? Die Menschen aufrütteln, so dass sich jede/r an die eigene Nase packen muss. Freitags die Schule schwänzen macht doch Spaß. Auf Diesel schimpfen wenn mensch vielleicht kein Auto braucht oder Benziner fährt, hat doch was und ist sehr einfach. Dabei ist es doch der erste Schritt, die eigenen Essgewohnheiten zu überdenken und die eigenen Moralvorstellungen eventuell zu revidieren. Aber das ist anstrengend – und es ist kein Event! Das passt nicht ins bequeme Raster, von der Couch aus eine Revolution anzetteln. Die Veränderungen fangen aber bei jedem von uns in unserem Inneren an. Es gibt Gedanken die kann mensch nicht zu Ende denken, ohne danach sein Leben zu ändern.

  5. Gabriele sagt:

    Hallo Sandra, es soll wohl heißen „liest“….

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