Denn Tiere sind keine Maschinen

Sprechstunde der „Lobby-Glucke von der Bauerntruppe“

von Admin, am 20.02.2019.

[arve url=“https://www.youtube.com/embed/Ea9YRBJ4Wps“ align=“left“ /]


Julia Klöckner hat am Montag eine „digitale Facebook-Sprechstunde“ durchgeführt. Dafür hat sie sich volle 20 Minuten Zeit genommen, in denen ein sehr übersichtlicher Kreis von Auserwählten Fragen stellen durfte, ohne direkt blockiert zu werden. Wir haben uns nur einen Ausschnitt vorgenommen, denn schon in den 2 Minuten stellt die „Lobby-Glucke von der Bauerntruppe“ (Original-Zitat von Extra 3) so viele Fragen und falsche Behauptungen auf, das kann man einfach nicht unkommentiert stehen lassen.

 
Sie startet direkt mit der Frage, wer die Agrarlobby ist. Das ist sehr einfach zu beantworten: Das sind unter anderem die Leute, die der Grund dafür sind, dass sich Deutschland gegen ein Lobbyregister stemmt. Sogar die USA unter Donald Trump führt Buch darüber, wer die Politiker berät und Zugang zum Kongress hat, in der Bundesrepublik existiert dagegen nur eine öffentliche Liste, die auf Freiwilligkeit basiert und somit für die Tonne ist. Wer also seine Fragestunde mit „Wer ist die Agrarlobby?“ anfängt, dem kann man nur antworten: „Die Damen und Herren mit den Aktenkoffern voller Gefälligkeiten, die im Bundestag ein- und ausgehen, die zum Beispiel erst kürzlich mit dem Ende der betäubungslosen Ferkelkastration nicht einverstanden waren, und deren Identität Politiker wie Sie auf Teufel komm raus geheim halten wollen“. Fairerweise muss man anmerken, dass im letzten November mittlerweile sogar von der CDU ein Vorstoß Richtung Lobbyregister gekommen ist, ausgearbeitet ist da aber nichts und jeder konkrete Plan liegt in weiter Ferne. De Facto hat Deutschland also kein Lobbyregister und deshalb ist so eine Eingangsfrage einfach nur heuchlerisch.
 
Dann vergleicht Frau Klöckner anscheinend Politiker mit Tierschützern, die Spenden sammeln. Erstmal ein Kompliment für diese überraschende Selbsteinsicht, aber „völlig in Ordnung“ ist das leider nicht. Denn Organisationen wie unsere Stiftung sammeln Spenden auf freiwilliger Basis und wir sind auch in keine Regierung gewählt worden. Das mit Lobbyarbeit gleichzusetzen, bei der Politikern von der Industrie Angebote gemacht werden, die sie nicht ausschlagen können, und die dann Einfluß auf Gesetze haben, ist schon echt erschreckend. Auch wenn man bei den Passagen noch so freundlich grinst, da man gerade den Orden wider des tierischen Ernst abgeräumt hat.
 
Es erwartet auch niemand, dass das Bundesagrarministerium ein Bauern-Bashing macht. Es ist nur sehr offensichtlich, dass dieses Ministerium auf einem Auge absolut blind ist und deshalb eine Politiklinie fährt, die nur Großbetrieben in die Karten spielt und ausschließlich die Interessen der Agrar-Lobby unterstützt. Wer das ist, wurde ja schon weiter oben geklärt, bei Bedarf einfach nochmal nachlesen.
 
Dann fragt Frau Klöckner nach, wie oft der Fragesteller schon draußen auf den Feldern war. Da dieses Format keine Antworten zulässt, musste leider die naheliegende „Öfter als Sie“-Erwiderung wegfallen. Trotzdem ist das schon lächerlich, dass so eine Frage von einer Ministerin kommt, die zwar gerne mal in Gummistiefeln auf ausgewählten Vorzeigehöfen posiert, die aber genauso schnell nach diesen mehrminütigen Presseterminen wieder ihre Pumps anzieht und in ihren Dienstwagen stöckelt, um dort direkt zwei neue Duftbäumchen aufhängen zu lassen.
 
Es wirkt auch fast schon hilflos, wenn man zum Unterstreichen seiner pseudo-salomonischen Politik nur ein einziges Gegenbeispiel findet, das angeblich gegen den Bauernwillen durchgesetzt wurde, und das auch noch falsch dargestellt wird. Denn nicht Frau Klöckner hat die Neonikotinoide verboten, sondern eine EU-Kommission. Und damit nicht genug feiern diese Gifte jetzt sogar europaweit ihr Comeback, da plötzlich Notfallzulassungen im Raum stehen. Die greifen, wenn es keine anderen Möglichkeiten der Bekämpfung gibt. Belgien, Polen, Ungarn und Tschechien haben entsprechende Ausnahmen bereits bewilligt, ohne dass bis zu uns vorgedrungen ist, dass das deutsche Agrarministerium deshalb ein Importverbot dieser so behandelten Lebensmittel auch nur in Erwägung gezogen hätte. Die Unterschrift für so eine Zulassung in Deutschland verweigert auch nicht Julia Klöckner, sondern das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, da taucht der Name Klöckner im Vorstand nirgendwo auf. Auf Anfrage der Grünen teilte das Agrarministerium sogar mit, dass dieses Bundesamt „nach Prüfung der Sachlage über anhängige Anträge entscheiden“ werde, und es dabei ausschlaggebend sei, ob sich eine solche Maßnahme angesichts einer anders nicht abzuwendenden Gefahr als notwendig erweist. Das klingt irgendwie ganz anders als eine „ICH verweigere die Unterschrift“-Kampfansage. Auf das flapsige „Machen Sie es besser“ gehen wir übrigens nicht ein, das ist dann doch zu kindisch, gerade wenn es von einer gewählten Politikerin kommt.
 
Mutig ist es immerhin, dass sie tatsächlich noch auf ihr Tierwohlkennzeichen eingeht. Wer sich nicht mehr erinnern kann, das ist die Plakette, die Bauern auf ihre Produkte pappen können, wenn sie den Schweinen auf der höchsten Stufe 1,5 Meter Wohnraum inklusive einem üppigen halben Meter Auslauf gewähren. Das war selbst dem Ministerium zu schäbig, deshalb sprechen die Damen und Herren dort nur in Prozentzahlen und verweisen auf eine 47 %ige Steigerung. Außerdem dürfen die gefangenen Personen nur unter Betäubung verstümmelt werden, und es gibt mehrere Checks des Trinkwassers und des Stallklimas von den Experten, die schon jetzt alles durchwinken, solange der Halter einen Schnaps ausgibt. Darüberhinaus dürfen die Kinder auch ganze 14 Tage länger bei der Mutter bleiben und bekommen dort sogar Raufutter, also die Nahrung, die wohl jeder gegen sein Leben eintauschen würde. Eigentlich ist das alles schon widerlich genug, aber schlußendlich sind all diese Vorgaben sogar freiwillig und enden nur in einem Siegel, das der Verbraucher im Schnäppchen-Wahn gar nicht groß beachten wird. Zumal es auch weiterhin tausende nicht-staatliche Alternativen geben wird, die sich selbst der größte Tierquäler auf seine Produkte kleben darf. Da ist es wie gesagt mutig, frech in die Kamera zu behaupten, dass mit diesem konsequenzlosen Kuschel-Wohlfühlkurs nicht alle Bauern einverstanden wären.
 
Zum Schluß verweist Frau Klöckner darauf, dass sie sowieso ihre Politik nicht unter moralischen Aspekten diskutieren möchte. Dafür wird sie ihre Gründe haben und dieses Statement fasst eigentlich auch alles gut zusammen. Wir hatten jedenfalls unsere Gründe, nur diesen Ausschnitt zu kommentieren, ansonsten wäre wohl das nächste Buch entstanden.
 
Hier die gesamte Sprechstunde auf Julia Klöckners Seite:
Jeder Kommentar ist aber mit Vorsicht zu setzen, denn auf dieser Seite wird man schneller blockiert als man posten kann, wenn man etwas Kritisches formuliert. Nur damit niemand sagen kann, wir hätten nicht gewarnt.

Kategorie: Allgemein

8 Antworten zu “Sprechstunde der „Lobby-Glucke von der Bauerntruppe“”

  1. Claudia sagt:

    Dazu fällt mir echt nichts mehr ein. Wie „dürfen“ wir uns denn noch kritisch äußern, ohne gleich gesperrt zu werden? Vielleicht sollten wir auch Montagsdemos machen, so, wie wir damals ’89 auf die Straßen gegangen sind? Manchmal möchte ich auch nur noch heulen, aber das hilft ja auch nicht. Also Augen wischen, Nase putzen und weiter geht’s.

  2. Monika Hoffmann-Kühnel sagt:

    Frau Klöckner hat echt das Zeug, meine Lieblingslandwirtschaftsministerin zu werden…als Weinkönigin wäre sie mir allerdings noch sympathischer!

  3. Antonia sagt:

    Schon in dem kurzen Ausschnitt gewinne ich den Eindruck, dass die Frau überhaupt keine Ahnung hat, wovon sie eigentlich redet, sondern dass sie versucht etwas wiederzugeben, das ein Redenschreiber ihr vorbereitet hat, – und selbst damit scheint sie überfordert.
    Die wenig eloquente Darstellung ändert leider nichts daran, dass die Inhalte (wie Ihr es schon treffend erläutert habt) zynisch und teilweise einfach faktisch falsch sind.
    Und wenn dann noch kritische Beiträge dazu gelöscht werden, geht halt auch der letzte Funken Glaubwürdigkeit noch verloren.

  4. Gabriele sagt:

    Warum wird diesen Leuten hier auf Euren Seiten eigentlich soviel Platz eingeräumt und soviel Aufmerksamkeit geschenkt? Ich würde viel lieber von Euren tollen Tieren sehen und lesen.

  5. Antonia sagt:

    Liebe Gabriele, ich kann Deinen Gedanken einerseits gut verstehen, aber ich finde es andererseits einen tollen Service, dass die Butenländer uns hier so kompakt und gut informieren. Da nunmal so viele Halbhirne unser Land regieren, und die Tiere und wir davon betroffen sind, ist es doch gut, darüber bescheid zu wissen. „Lieber einen Feind, den man kennt, als einen, den man nicht kennt.“ Sieh es doch mal so;-)

    Klar lese ich auch lieber von den Tieren und freue mich immer total über die Fotos und Videos, – aber ich finde diese Infoquelle hier richtig gut und hätte auch selbst kaum Zeit, mir das alles zusammenzusuchen. Die Verbreitung von Infos ist ja ein wesentliches Element des Tierschutzes.

  6. Gabriele sagt:

    @Antonia: Hallo Antonia, ich habe ja auch nichts gegen diese Infos, doch es ufert oft aus und beinhaltat soviel Politik, es wird soviel Energie dort hineingegeben und wir können uns doch auch im Internet informieren. Die meisten von uns haben uns doch sowiese gegen diese Industrie entschieden und, daß die Politiker lügen und Marionetten sind, wissen wir doch auch alle schon lange.

  7. Admin sagt:

    Ich texte auch lieber Fotos von den Bewohnern. Aber Karin sind die politischen Stellungnahmen sehr wichtig und ich kann sie da voll verstehen. Und finde es deshalb schon fies, ihr vorzuwerfen, dass das ausufert. Zumal das Unsinn ist, über einen längeren Zeitraum betrachtet erscheinen deutlich mehr Tierfotos als geteilte Artikel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert