Denn Tiere sind keine Maschinen

Trulla und Tilly

von Admin, am 09.01.2019.

Auf Butenland wächst gerade wieder zusammen, was zusammen gehört. Im aktuellen Fall trifft das auf Trulla und Tilly zu. Trulla ist ein Hybridhuhn, das von den anderen Hühnern etwas gemobbt wird, die weiße Tilly ist ein ehemaliges Masthuhn, das aufgrund seines Gewichts keine Stange mehr benutzen kann und deshalb in einem kleinen Häuschen schläft. Dort besucht sie Trulla am Abend, legt sich neben sie und die beiden verbringen die Nacht eng aneinander gekuschelt, um die Wärme der besten Freundin zu geniessen.
 
Trulla kommt aus einer Bodenhaltung. Diese Haltungsform dominiert mit fast 65 % diesen Industriezweig. Die Betriebsgrößen reichen inzwischen bis zu 200.000 Tieren, bis zu 6.000 Tiere werden in einer Gruppe und bis zu 9 Hennen auf einem Quadratmeter gehalten. Aus Kostengründen wird meist mit Einstreu gespart, der Gesetzgeber schreibt nur vor, dass lediglich in einem Drittel des Stalls darauf gesetzt werden muss. So wird in vielen Stallbereichen auf Holz- und Plastikgitter zurückgegriffen. Über diesen Gittern befinden sich Sitzstangen und Nester aus Gummi. An dieser Stelle zitieren wir die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnungen vom Bundesjustizministerium wortwörtlich, weil sonst wohl niemand die Zahlen glaubt: „Im Falle von Gruppennestern muss für jeweils höchstens 120 Legehennen eine Nestfläche von mindestens einem Quadratmeter vorhanden sein.“ Die Tiere können in einer Bodenhaltung sogar gestapelt werden, dafür wurden die Volieren erfunden. Bis zu vier dieser Ebenen erlaubt der Gesetzgeber übereinander, wenn irgendwo im Reststall das gesetzliche Drittel eingestreut wurde, kann bei diesen Vorrichtungen komplett auf Draht- und Plastikböden zurückgegriffen werden.
 
Trulla hat von uns einen Hormonchip erhalten, der das Eierlegen unterdrückt. So kann sie ihre gesamte Energie auf ein neues Federkleid konzentrieren, das jetzt auch immer stärker und schöner zurückkommt.
 
Tilly wiegt mittlerweile 5,5 kg, Trulla im Vergleich 1,8 kg. Als Masthuhn wurde ihr das Sättigungsgefühl weggezüchtet, so haben auch wir keine Möglichkeit, dieses immer hungrige Huhn auf eine Diät zu setzen. Die knallharte Auswahl lautet da: Entweder hungert Tilly in Gefangenschaft oder sie führt ein freies und selbstbestimmtes Leben, in dem sie ohne Sättigungsgefühl ständig isst. Wir haben uns für die zweite Möglichkeit entschieden und fast wie durch ein Wunder ist Tilly mittlerweile fast 1 1/2 Jahre alt geworden. Das ist ein sehr hohes Alter für ein Masthuhn, in der Industrie werden diese Tiere höchstens 42 Tage alt, befreite VertreterInnen erreichen selten ihren ersten Geburtstag.
 
Das ist auch logisch, denn durch das absurd erhöhte Gewicht kommt es natürlich zu Herz-Kreislauf-Problemen. Die zwei Haupttodesursachen bei diesen Lebewesen sind dementsprechend auch der plötzliche Herztod und die Bauchwassersucht. Letztere entsteht, weil das Huhn durch das enorm erhöhte Wachstum einen größeren Sauerstoffbedarf hat. Dadurch wird mehr Blut in die Muskulatur gepumpt, was zu einer Überlastung des Herzens und im weiteren Verlauf zu Leberstauungen und Ansammlung von Wasser in der Bauchhöhle führt.
 
Das gesamte Skelett des Opfers ist natürlich auch irgendwann nicht mehr in der Lage, die Muskelmassen zu tragen. So kommt es auch immer wieder zu Schäden an der Wirbelsäule und an den Beinen. Die meisten Tiere können sich am Ende der Mast gar nicht mehr fortbewegen, und auch wir werden Tilly sehr genau im Auge behalten,damit sie niemals unnötig leidet. Momentan verfolgt sie das Geschehen noch absolut aufmerksam und bewegt sich selbstständig, wenn auch öfter etwas unkoordiniert und längst nicht mehr mit der Geschwindigkeit ihrer Anfangszeit auf Butenland.

Kategorie: Allgemein

7 Antworten zu “Trulla und Tilly”

  1. Stefan sagt:

    Das modebewusste Huhn

    Weiße Kleider sind sehr schick,
    nur, wirkt Tilly etwas dick.
    Dafür, in Trullas Kleiderschrank,
    machen alle Kleider schlank.

  2. iski sagt:

    Trulla und Tilly beste Freundinnen . Verbringen die Nacht aneinandergekuschelt in einem Häuschen – das ist so herzerwärmend. Man möchte eigentlich nicht weiterlesen, denn die Infos sind immer wieder schockierend, auch wenn man sie längst kennt. Man möchte nur wünschen, dass die beiden noch Ewigkeiten zusammensein könnten.

  3. Christine sagt:

    So liebe, fedrige Hühnermädels – ja, da kann ich Iskis letzten Satz nur heftigst befürworten – wünsch‘ Euch Zweien, daß Ihr noch eine gaaaanz lange Zeit miteinander habt.

  4. Stefan sagt:

    Dr. Huhn

    Der Doktor, hier im weißen Kittel,
    verschreibt für Hühneraugen Mittel.
    Und hinkt das Huhn auf einem Bein,
    dann wird es wohl ein solches sein.
    Der liebe Doktor schätzt und kennt,
    Trulla, den Privatpatient.

  5. Gabriele sagt:

    Die Fakten über die Tierausbeutungshölle sind so pervers, daß mir die Haare zu Berge stehen. Es schockiert mich immer wie aufs neue auf welche abartigen Ideen Menschen kommen, um aus wehrlosen Wesen Profit schlagen zu können. Umso erfreulicher ist es, daß die beiden Leidenden bzw. Genesenden Freundschaft geschlossen haben. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Ich wünsche den beiden Hühnerdamen eine recht lange, gesunde und glückliche gemeinsame Zeit. Vielleicht tauschen sie sich aus und können sich gegenseitig Trost spenden!!!

  6. Stefan sagt:

    Stiftung Warentest

    Für C&A soll Tilly testen,
    wie gut sind die weißen Westen?
    In Wirtschaft und in Politik,
    trägt schon jeder so ein Stück.

  7. Elke sagt:

    Awwww, das ist ja schön, dass Trulla jetzt eine beste Freundin hat. Und Tilly muß auch nicht allein schlafen. Ganz toll! VlG, Elke

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