Denn Tiere sind keine Maschinen

Warum Hof Butenland kein Streichelzoo ist

von Admin, am 31.07.2018.

Hin und wieder erreichen uns Fragen, warum Butenland nur zweimal im Monat seine Pforten öffnet und darüberhinaus an diesen Besuchertagen die Personenzahl auf maximal 8 Paten beschränkt. Es wurde sogar schon nachgehakt, warum wir keine täglichen Öffnungszeiten haben, jeden spontanen Besucher empfangen und wieso wir das Ganze nicht mit veganer Verköstigung für uns finanziell interessant machen. Selbst wenn wir für solche Aktionen die Zeit hätten, würden wir so etwas trotzdem nie in Betracht ziehen.

Es existieren mehrere Gründe, warum wir diese Form des Lebenshoftourismus mit Festen, Kuchen- und Burgerverköstigungen, die von den Gruppengrößen schon an einen Zoobesuch erinnert, ablehnen. Ganz am Anfang steht da unsere absolute Überzeugung, dass Tiere nicht dazu da sind, um auf regelmäßiger Basis zur Schau gestellt zu werden. Die tierischen Butenländer existieren nicht für uns, wir erwarten nicht mal Dankbarkeit von ihnen. Sie sollen hier einfach nur ihr selbstbestimmtes Leben führen, das ihnen viel zu lange vorenthalten wurde. Und das würde nach dem Willen der Tiere nie etwas mit Paraden, Vorführungen oder lustigen Kunststücken zu tun haben. Unsere Führungen können auch gerade im Winter mal etwas kürzer werden, wenn der Stall zu voll ist. Niemals werden sich da Menschen durchquetschen, um mal ihre Lieblingskuh zu streicheln. Auch die Weiden werden im Sommer nicht für Menschenaufläufe geöffnet, und wenn wir alle 14 Tage mit unserer kleinen Gruppe anrücken und ein Tier uns zeigt, dass es sich momentan keine Zeit für uns nehmen möchte, dann fällt jede nähere Visite aus. Überhaupt wird hier nur gestreichelt oder Kontakt aufgenommen, wenn die Tiere uns entsprechende Signale geben, was aber auch sehr häufig geschieht. Andere Signale müssen von uns sogar so gedeutet werden, dass eine gerade brunstige Kuh oder eine auf Krawall gebürstete Schweinediva nicht zur Gefahr wird.

Hier leben sehr viele ältere Tiere, die meisten wurden krankgezüchtet und fast durch die Bank vom Menschen ausgebeutet. Diese Bewohner müssen erwarten können, dass es bei uns im absoluten Vordergrund steht, ihnen ein Leben in Ruhe und Würde, mit Respekt und Wertschätzung zu ermöglichen, das sich nur noch um sie und ihren eigenen Willen und Bedürfnisse dreht. Die Bewohner leben so frei wie möglich und Barrikaden werden sehr sinnvoll und sparsam gesetzt, damit sich alle auf dem Hof und den großen Weiden so selbstbestimmt wie es eben geht bewegen können. Auch das schliesst unübersichtliche Besucherströme inklusive Gruppenstaunen mit Unruhe und Lärm aus.

Man darf auch nie vergessen, dass es hier viele Familienmitglieder gibt, die wegen ihrer Vergangenheit gute Gründe haben, um ihren Menschenkontakt gar nicht oder lieber aus der Distanz zu geniessen. Und wer soll es ihnen verübeln? Da gibt es zum Beispiel unsere Lady Welle, die auf zig Ausstellungsshows präsentiert wurde und die deshalb kein Interesse mehr an einem Rampenlicht hat. Oder auch Manuela, der in einem Labor der Bauchraum geöffnet wurde, um täglich in ihren Pansen zu greifen. Bei dieser Kuh liegt das Interesse an neuen menschlichen Freundschaften auch eher im unteren Bereich. Eberhard und Winfried stammen ebenfalls aus einem Labor und sind dort 7 bzw. 11 Jahre lang durch verschiedene Hände und Versuchsreihen gegangen. Gerade Ebi ist sehr kontaktfreudig, aber das ist trotzdem für uns kein Grund, ihn mit täglichen Menschenmassen zu konfrontieren. Tilly ist ein Masthuhn, wurde ohne Sättigungsgefühl gezüchtet und kann sich deshalb nur noch sehr gemächlich bewegen. Undenkbar, dass dieses Huhn täglich von mehreren Fans verfolgt wird, um gestreichelt zu werden. Unser Wallach Cello musste über ein Jahrzehnt als internationales Turnierpferd durch Europa reisen, wurde gedopt, bis seine Lungen nicht mehr mitgemacht haben, und hat seine letzten Rennen nur absolvieren können, indem er mit Schmerzmitteln gespritzt wurde. Auch dieses Pferd braucht verständlicherweise kein Publikum mehr. Diese Liste könnte beliebig verlängert werden.

Hof Butenland versteht sich als Ort, an dem die Tiere in Würde und Freiheit ihren Ruhestand verbringen können. Dafür benötigen sie Schutz, Sicherheit, Pflege und eine optimale, an ihre Bedürfnisse angepasste Nahrungsversorgung, aber vor allem auch jede Menge Selbstbestimmung und Platz zur Entfaltung auf den weiten Flächen. Und zur Selbstbestimmung gehört auch die Entscheidung, wo und vor allem mit wem man seine Zeit verbringen möchte. Wenn ein Rind sich nicht mehr auf den Kuhdamm trauen würde, weil es erst eine Schlange bedienen muss, die es streicheln möchte, oder auch einfach nur verunsichert von fremden Menschen wäre, dann hätte unsere Stiftung ihren Sinn verfehlt. Wir stellen einfach die Bedürfnisse der Bewohner in den absoluten Vordergrund, nicht die Wünsche von Menschen. Und diese Bedürfnisse beinhalten einfach jede Menge Kontakt mit Artgenossen, der auch aktiv gesucht wird, täglich die Freundesliste im menschlichen Bereich zu vergrößern war dagegen noch nie ein Antrieb unserer Herdenmitglieder.

Wir versuchen natürlich, so transparent wie möglich zu arbeiten. Deshalb gibt es die täglichen Updates per Foto und Video, und aus diesem Grund berichten wir auch immer höchstens stundenverzögert über Abschiede von Hofbewohnern und anderen traurigen Ereignissen. Außerdem bemühen wir uns, auf Fragen einzugehen, da wir verstehen können, dass vielen Menschen das Wohl unserer Bewohner am Herzen liegt, über dieses Interesse und daraus resultierende Tipps sind wir sogar sehr froh. Dennoch wird es bei den zwei monatlichen Terminen bleiben und wir werden diese auch weiterhin in der Gruppengröße klein halten. Wir stellen hier nunmal keine Tiere aus, sondern wollen ihnen ein möglichst perfektes und sorgenfreies Leben bieten. Und das schliesst für uns regelmäßige Besucherströme inklusive garantiertem Streichelkontakt mit dem persönlichen Lieblingstier definitiv aus.


Kategorie: Allgemein

11 Antworten zu “Warum Hof Butenland kein Streichelzoo ist”

  1. Ute sagt:

    So ungefaehr sehe ich das auch – von den Tieren die Erlaubnis zu erhalten, sie anzufassen, zu streicheln ist eine Ehre – kein Recht. Und diese Erlaubnis zu erteilen ist schon mal gar keine Pflicht.
    Eine offenere Einstellung Butenlands zum Kontakt mit den Hofeinwohnern wuerde diese einfach nur zu einer anderen Art von Nutztier machen. Aber ich glaube, da wiederhole ich etwas schon einmal Gesagtes…

  2. Vera sagt:

    Wie wundervoll, daß Ihr die Euch anvertrauten Tiere so hartnäckig schützt und deren Wohl an vorderste Stelle setzt. Die Anmaßung der Menschen ist einfach unglaublich, wozu Tiere ihnen dienen sollen. Hoffentlich lernen viele aus den gut geschriebenen Worten!

  3. KG sagt:

    100% d’accord!

  4. Christine sagt:

    Vraiment – stimme all meinen Vorrednerinnen zu – Ihr macht das perfekt für die Tiere + find die zwei Mal im Monat stattfindenden Patenführungen auch großzügig, denn das knapst Ihr ja auch von der Arbeitszeit wieder ab.

  5. Doro sagt:

    Kann nur dem ganzen Inhalt des Textes, der so treffend eure Haltung ausdrückt, voll und ganz zustimmen! Danke immer wieder, Karin und Jan, dass ihr dieses empathische Verständnis für die Bedürfnisse eurer Tiere habt und auch danach handelt!

  6. Tine sagt:

    Es wäre so schön, Menschen wie ihr wärt in der Mehrheit statt in der Minderheit. Ich werde natürlich akzeptieren, wenn mein Patenkind Manuela kein Bedürfnis hat, mich kennenzulernen. <3

  7. Antonia sagt:

    Diese Einstellung und Vorgehensweise ist absolut löblich und vorbildlich!
    Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, als ich bei Euch war und unbedingt ein Foto von einem Butenländer und mir machen wollte. Geht ja auch schon in die Richtung „Attraktion“. Hoffentlich bin ich da bei Euch nicht direkt in Ungnade gefallen. Schreibt mal bitte, ob das für Euch in Ordnung ist.

  8. Gabriele sagt:

    Im Sinne der Tiere eine total nachvollziehbare Einstellung. Obwohl wir alle das unwiderstehliche Bedürfniss hätten, Euren Tieren jeden Tag ganz nahe zu sein. Doch Ihr seid eben kein Steichelzoo, denn viele Tiere sind leider schwer traumatisiert und haben wohl oft mit Menschen so schlechte Erfahrungen machen müssen, dass sie ihnen lieber fern bleiben möchte. Bei Euch sollen sie sich von diesen schlimmen Wunden erholen, damit diese heilen können.

  9. Petra Frank sagt:

    Finde ich richtig gut. Ich finde es auch gut, dass Elsa keine Schmusekuh ist.
    Wenn ich mich zum Besuch-Samstag anmelde, dann freue ich mich sehr, wenn ich Elsa sehe (-n kann). Aber ich habe kein Problem damit wenn Elsa sich zurück zieht oder gar nicht erst zeigt, weil sie keinen Besuch mag.

  10. Admin sagt:

    Hallo, Antonia, wir machen doch selber Fotos von den Bewohnern, da musst du kein schlechtes Gewissen haben. Es geht hier nicht um gelegentliche Schnappschüsse, zu denen die Tiere freiwillig kommen, sondern um Besucherströme, Gruppenstaunen und Tiere zum Foto zerren. Das ist abzulehnen, im kleinsten Rahmen die Tiere zu dokumentieren ist voll in Ordnung. Wahrscheinlich würde die Diva sogar zicken, wenn sie plötzlich keine Auftritte mehr hätte. 😀

  11. Petra Frank sagt:

    Liebe Admin,
    deswegen finde ich es schlimm, wenn im Zoo nur ein Tier getötet wird oder so, weil es sich als nicht Zuschauer tauglich erweist. Mag das Aussehen oder das Alter betreffen. Das erfuhr ich erst durch Zufall. Mir ist schon aufgefallen, dass nur schöne, nicht zu alte Tiere zu sehen sind.
    Ich gehe in Zoos um mit den Tieren zusammen zu sein. Und auf Grund dessen erlebe ich mit den Tieren ganz andere Sachen als die Zoobesucher, welche ohne Rücksichtnahme auf die Tiere durch den Zoo gehen/ bzw. die Tiere aus ihrem Mittagsschläfchen wecken. Das habe ich mal bez. auf eine Baumratte erlebt, welche gerade ruhte – ich tat das Gleiche auf der Bank vor ihrem Käfig -. Da kam ein Besucher rein und meinte, dass diese jetzt was tun müsse da er ja Eintritt bezahlt habe. Mich hat man auch geweckt.

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