Denn Tiere sind keine Maschinen

Wir berichten von Marie und Herbstzeit – unseren Pflegefellchen

von Admin, am 10.02.2018.

[iframe id=“https://www.youtube.com/embed/3r75SWqt5q0″ align=“left“ mode=“normal“ autoplay=“no“]
Das heutige Video widmen wir ganz 2 Pflegefällen, die momentan besonders unsere Aufmerksamkeit benötigen: Marie und Herbstzeit. Karin erzählt euch im Video, wieso uns die beiden Sorgen machen und geht auch nochmal auf ihre Geschichte ein.

Den Platz hier wollen wir nutzen, um nochmal allgemein auf ein paar Dinge hinzuweisen. Das fängt damit an, dass wir ein Kuhaltersheim sind und diesen Titel sehr bewusst gewählt haben. Der Altersdurchschnitt in unserer Rinderherde dürfte ungefähr bei 15 Jahren liegen. Das hat natürlich Auswirkungen auf den gesamten Betrieb.

So nehmen wir zum Beispiel prinzipiell keine Kälber mehr auf. Eine Ausnahme bildet da nur Janne, die aber zur Familie Rübergemacht gehört und deshalb völlig ungeplant plötzlich auf unseren Weiden stand. Davon ab können wir es unseren älteren Damen einfach nicht mehr zumuten, dass absolut agile Kälber in der Herde mitlaufen, es wäre auch eine Katastrophe, wenn es da zu einem ungestümen Aufspringen käme. Deshalb konzentrieren wir unsere Rettungen eher auf betagte Damen und Herren, die ihre Grenzen bereits abgesteckt haben und bei uns gelassen ihren Ruhestand verbringen wollen.

Der ganze Arbeitsablauf wird durch dieses hohe Durchschnittsalter aber auch immer aufwändiger und kostenintensiver. Es wäre undenkbar, unseren Alltag ohne Hilfsmittel wie Hebegeräte zu absolvieren. Auch der Klauenkippstand ist unerlässlich geworden, gerade weil viele unserer Bewohner unter Arthrose leiden und deshalb medizinische Untersuchungen bevorzugt in diesem Gerät gemacht werden müssen.

Leider können wir auch nicht verschweigen, dass wir als Kuhaltersheim immer und jederzeit mit dem Tod von Rindern leben müssen. Gerade bei den Butenländern, wo nur wenige Ausnahmen kein Leid kennengelernt haben und sonst durch die Bank einen schlechten Start ins Leben hatten, ist damit immer zu rechnen. Kaum ein Rind aus unserer Herde wurde mit Muttermilch großgezogen, schon das schlägt auf die Lebenserwartung. Hinzu kommen Überzüchtungen, schlechte Haltungen und immer wieder ein rein auf Profit ausgelegtes Grusel-Dasein. Man muss auch bedenken, dass viele unserer Kühe nicht nur dauerschwanger in ihrem Vorleben waren, sondern trotzdem während diesen Schwangerschaften noch gemolken wurden. So etwas schlägt natürlich Wunden fürs Leben, die sich nie ganz schließen lassen und immer Lebensjahre kosten.

Wir schreiben oft in den Nachrufen, dass ein Rind friedlich eingeschlafen ist, das ist auch immer richtig. Trotzdem kann man nicht verleugnen, dass hier kaum jemand an Altersschwäche stirbt, sondern fast durch die Bank der Tod sehr oft sanft, aber trotzdem auch immer Jahre vor der eigentlichen Lebenserwartung kommt. Bei jedem Festliegen stehen wir auch vor der Entscheidung, wann für das Tier eine Qual beginnt und eine Erlösung in Betracht gezogen werden muss. Diese Entscheidung ist die Schlimmste in unserer Berufung, trotzdem muss sie gefällt werden, wenn ein Tier signalisiert, dass es nicht mehr aufstehen will.

Das sind Gedanken, die wir einfach mal formulieren wollten. Einfach weil diese Tatsachen von vielen unterschätzt oder gar nicht bedacht werden, für uns aber täglich zum Leben gehören. Auch tut es uns immer ein bißchen weh, wenn wir eine Aufnahme-Mail bekommen, und unsere Absage dann völlig falsch interpretiert wird. Wenn es nur nach uns ginge, dann würden wir alle Tiere dieser Welt befreien und nach Butenland holen. Aber wir müssen nunmal beachten, wem wir das Versprechen auf ein artgerechtes Leben geben, was sich vor älteren Tieren immer bedenkenloser formulieren lässt als vor Tieren, die noch 30 Jahre vor sich haben. Und dabei dürfen wir auch nie die Butenländer vergessen, die hier schon leben und die alle ohne jede Einbussen versorgt werden sollen. Bevor wir hier Tiere stapeln oder finanziell nicht mehr absichern können, formulieren wir lieber Absagen. Die niemals gegen das Tier gerichtet sind, sondern immer nur unsere aktuelle und zukünftige Situation widerspiegeln.


Kategorie: Allgemein

4 Antworten zu “Wir berichten von Marie und Herbstzeit – unseren Pflegefellchen”

  1. Ute sagt:

    Wo so viele andere Menschen aufgeben wuerden, weil’s arbeitsmaessig einfacher waere, richtet Ihr Euch total und absolut selbstlos nach dem (Lebens-)Willen der Tiere. DANKE!!

    Sehr ernuechternder Text heute, Jens – auch dafuer „danke“!

  2. Christine sagt:

    Ihr macht alles richtig!
    Solange Herbstzeit, die genau merkte, daß Karin über sie sprach, und Marie noch soooo enorm viel Lebenswillen zeigen, ist das okay.
    Wie beide Kuhdamen ihr Heu rumwerfen und dann futtern – man merkt, daß Ihr sie sehr liebhabt.
    Drück‘ beiden Mädels die Daumen, daß sie im Frühling wieder auf die Weide gehen und Sonnenstrahlen genießen dürfen.

  3. ines sagt:

    Wer sich einmal um alte oder kranke Tiere gekümmert hat, braucht die unheimlich zu Herzen gehende Erklärung von Admin nicht. Liebe Karin, lieber Jan, vielen Dank für eure aufopferungsvolle und gewissenhafte Arbeit! Den Schmerz, den ihr empfindet, wenn jemand gehen muss, kann ich (vielleicht nur annähernd) nachempfinden und auch die Bemühungen, den Tieren so lange wie möglich noch ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Bei uns sind es, da wir beide berufstätig sind und die Zeit im Moment nichts anderes erlaubt, Katzen. Zur Zeit haben wir wieder einen nierenkranken Kater mit einer vorausgesagten Lebenserwartung von noch etwa 3 Monaten. Man versucht alles, beobachtet genau und muss trotzdem irgendwann aufgeben. Und trotzdem ist keine Mühe umsonst. Wir hatten bei uns immer Tiere, die irgendwo übrig waren oder die keiner wollte, aber wir haben nicht eine Minute der investierten Zeit bereut. – Noch einmal: Vielen Dank für das, was ihr jeden Tag leistet!!!!

  4. Marita sagt:

    Es kommt wie immer und bei allem, nicht auf die Quantität an, sondern auf die Qualität.Da es den Butenländer Menschen nicht gelingen wird, die ganze Qual aller Tiere zu schultern, so ist es doch umso wichtiger, die Verantwortung die mensch sich selbst auferlegt hat, so auszuführen, dass sie vor allen Bestand hat. Und das macht ihr wirklich – zu hundert Prozent – mehr geht nicht. Egal was so in verschiedenen Medien geschrieben wird. Allen Recht und jedem Wohl ist nun mal nicht möglich. Wenn es noch so traurig ist, besonders für die Tiere.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert