Denn Tiere sind keine Maschinen

Die selten erwähnte Seite der Mastgrausamkeit

von Admin, am 20.01.2018.

Wir haben schon öfter Texte über Mastenten veröffentlicht. Dabei haben wir aber immer verschwiegen, was diese Tiere für Probleme haben (und ihrem gesamten Umfeld machen), wenn sie durch Glück und Zufall ihrem Schicksal entkommen sind. Mastenten werden innerhalb von maximal 12 Wochen je nach Geschlecht auf ein Endgewicht zwischen 3 – 5 Kilogramm gezüchtet. Was sie dabei gerade als Wassertiere erleiden müssen, ist grausam genug. Fünfstellige Gruppengrößen sind die Regel, und Wasser gibt es nur in schmalen Tränken, in denen sie weder Körperpflege betreiben noch ihren vollkommen auf dieses Element ausgelegten Alltag durchleben können. Rückzugsmöglichkeiten gibt es nicht, Beinverletzungen, gestörte Knochenentwicklung und Versagen des Herz-Kreislauf-Systems treten regelmäßig auf.
 
Wenn man aber wie wir Mastenten in Freiheit beobachtet, dann muss man auch verstärkte Hormonstörungen feststellen. Diese Erkenntnis ist nicht so weit verbreitet, weil diese Wesen vom kalten Schicksal nicht dafür vorgesehen sind, länger als drei Monate zu existieren. Bei uns tun sie das aber, deshalb müssen wir von regelrechten Gewaltausbrüchen berichten. Da rotten sich dann mehrere Enten zusammen und überfallen Artgenossen. Die werden so richtig brutal in die Mangel genommen, als Ergebnis gab es da sogar schon den Verlust eines Entenauges, das im Hormonstress herausgepickt wurde. Und das beobachten wir nur bei Mastenten, weder unsere Warzenenten aus dem Tierheim noch die wilden Stockenten zeigen ein auch nur entfernt ähnliches Verhalten.
 
Um die hormonbedingte Fehlsteuerung und das damit verbundene aggressive Verhalten, das übrigens hauptsächlich in den ersten Jahresmonaten auftritt, zu verhindern, erhalten unsere männliche Mastenten einen Hormonchip unter die Haut gepflanzt. Dieser wirkt 6 – 8 Wochen und erzeugt durch die Ausschüttung von Hormonen eine deutliche Entspannung bei den Enten.
 
Trotzdem bleibt die Frage: Was tut man Tieren in einer Mast nur an? Hühnern wie Tilly wird das Sättigungsgefühl genommen, so dass man die Süße beim täglichen Wachsen und Zunehmen beobachten kann. Und bei Enten geht es nur darum, dass diese Tiere innerhalb von wenigen Wochen zuchttechnisch beschleunigt auf das gewünschte Gewicht gespritzt werden, egal was man ihrem Körper und ihrer Psyche damit während der Mast antut. Als Fazit bleibt da nur, dass diese Wesen niemals wirklich gerettet werden können. Höfe wie Butenland können nur ihr Leben noch etwas verlängern, den Hühnern beim langsamen Sterben zuschauen und bei den Enten hoffen, dass sie sich bei der nächsten Hormonattacke nicht allzu sehr gegenseitig auseinandernehmen. Das ist eine der unbefriedigendsten und nervenaufreibendsten Seiten, die es beim Betrieb eines Lebenshofs gibt.

Kategorie: Allgemein

5 Antworten zu “Die selten erwähnte Seite der Mastgrausamkeit”

  1. Ute sagt:

    Wie immer – wir Menschen verzapfen’s, die Tiere muessen’s ausbaden. Und, wenn Leute um den wahren Sachverhalt nicht wissen, wird den Tieren ihr vom Menschen auferlegtes Verhalten auch noch vorgeworfen.

    „Den Huehnern beim langsamen Sterben zuschauen“ – eine manchmal fast unaushaltbare Buerde…

  2. Admin sagt:

    Da sagst du was, Ute. Bei jedem Telefongespräch zwischen Karin und mir hoffe ich auf ein Wunder für Tilly, und Karin holt mich dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Einfach weil die Süße tatsächlich täglich wächst und man absolut nichts dagegen tun kann. Nichts fällt mir auf Butenland schwerer, als humorvolle Texte über Tilly aufzusetzen. So grausam …

  3. Ute sagt:

    Jens – daran denken, was fuer ein Leben Tilly beinahe haette erleiden muessen und mit ihrer (leider ziemlich einzigartigen) Realitaet vergleichen. Und vielleicht hilft’s, sich bewusst zu machen, dass Tilly nicht um ihr truebes Schicksal weiss und ihrem Leben, im Moment wenigstens, total unbefangen begegnen kann. Zur Zeit ist ihr (zukuenftiges) Leiden „nur“ das der Menschen, die um Tillys Umstaende wissen.

    Ich glaube, es wird hier verstanden, dass Ihr so oft „gute Miene zum boesen Spiel“ macht, Euch dazu zwingt, Eure eigenen Gefuehle unberuecksichtigt zur Seite zu legen, um Videos und Texte fuer Betrachter und Leser zu filmen und zu schreiben. Und manchmal tut uns das – Euer Leiden – genauso weh, wie die gefilmte und beschriebene Begebenheit. Ich brauch da nur an das Wochenende im Oktober zurueckzudenken…

  4. Thekla sagt:

    Das habe ich tatsächlich nicht gewusst, es ist grausam.
    Das ist vermutlich das, was die Wissenschaftler in ihren Versuchslaboren machen: Tiere optimieren.
    Es hat etwas wirklich beklemmendes. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wohin das führen kann.
    Danke, dass ihr aufklärt.

  5. Ellen sagt:

    Das mit den Hormonstörungen bei Mastenten und die extrem auftretenden Verhaltensstörungen, die damit verbunden sind, habe ich aktuell durch die Berichterstattung erfahren. Danke dafür und die wirklich ausführlichen Erläuterungen. Ich glaube, dass der tägliche Umgang mit diesen „Störungen“ extrem schwer zu ertragen ist, geht man doch davon aus, ein Leben gerettet zu haben. Trotzdem wird den Tieren eine artgerechte Umgebung und ein Leben in Freiheit gegeben, dass sie ansonsten n i e m a l s hätten erleben dürfen. Danke!

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